Migrationsrechtler kritisieren fehlende Regulierung in der Erwerbsmigration
- Mirko Vorreuter, LL.B.
- vor 4 Tagen
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Deutschland steht vor einer doppelten Herausforderung: Während der Staat mit großem Einsatz gegen irreguläre Migration vorgeht, bleibt der Bereich der regulären Erwerbsmigration weitgehend unreguliert und chaotisch. Die jüngsten Diskussionen auf LinkedIn und in der Fachöffentlichkeit zeigen, dass unseriöse Visumsvermittlungsagenturen aus dem In- und Ausland den deutschen Arbeitsmarkt zunehmend intransparent und unkontrolliert beeinflussen.
Agenturen aus Indien und Großbritannien werben offen mit Visa-Services für Deutschland, ohne rechtliche Grundlage oder Aufsicht. Trotz klarer Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) bleibt die staatliche Rechtsdurchsetzung aus. Für deutsche Unternehmen, die händeringend Fachkräfte suchen, bedeutet dies nicht nur einen Wettbewerbsnachteil, sondern auch den Verlust an Planungssicherheit. Bewerber:innen aus dem Ausland werden mit intransparenten und überteuerten „Dienstleistungen“ konfrontiert, die oftmals in rechtlich fragwürdige Verfahren münden.
Deutschland – ein Einwanderungsland ohne Einwanderungsmanagement?
Die Diskussion zeigt: Deutschland leidet an einem systemischen Defizit in der Steuerung der Erwerbsmigration. Behörden wie die Ausländerbehörden sind überlastet, Prozesse sind langwierig, und es fehlt an einer zentralen Strategie für einen transparenten und rechtssicheren Einwanderungsprozess. Während andere Länder aktiv ihre Fachkräftepolitik gestalten, verlässt sich Deutschland auf ein Flickwerk aus veralteten Strukturen und politischer Symbolik.
Forderungen an die Bundesregierung: Regulierung und Marktdisziplin
Mehrere Experten aus den Bereichen Migration und Arbeit fordern nun ein strukturelles Umdenken. Eine professionelle Erwerbsmigrationspolitik muss demnach folgende Punkte umsetzen:
Konsequente Durchsetzung des RDG: Illegale Visums- und Aufenthaltstitelberatungen durch ausländische oder inländische Agenturen müssen als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Zuständig ist hier das Bundesamt für Justiz.
Regulierung und Zertifizierung von Auslandsvermittlungen: Nur geprüfte und zertifizierte Vermittler dürfen am deutschen Markt tätig sein. Dies schützt Unternehmen und Bewerber:innen vor unseriösen Geschäftspraktiken.
Berufsausbildung mit Fokus auf Migration & Integration: In Deutschland gibt es über 320 anerkannte Ausbildungsberufe – keiner davon bezieht sich auf Migrationsmanagement oder Integration. Hier besteht dringender Nachholbedarf.
Staatliche Zurückhaltung bei privatwirtschaftlichen Aufgaben: Der Staat soll sich auf seine hoheitlichen Aufgaben konzentrieren (Stichwort: schnelle und rechtssichere Ausländerbehörden) und den Markt ansonsten vor Verzerrungen durch staatliche Eigenbetriebe schützen.
Digitale Infrastruktur ausbauen: Positive Signale wie der neue Online-Service für die Chancenkarte oder ein zentrales Terminvergabesystem für Einbürgerungstests in Berlin zeigen, dass Digitalisierung gelingen kann. Diese Ansätze müssen bundesweit ausgerollt werden.
Fazit
Deutschland braucht Zuwanderung – aber richtig. Eine klar geregelte und rechtssichere Erwerbsmigrationspolitik ist unerlässlich, um im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte bestehen zu können. Unregulierte Märkte, dilettantische Umsetzung und mangelnde Rechtsdurchsetzung schaden nicht nur der Wirtschaft, sondern auch dem Ruf Deutschlands als modernes Einwanderungsland.