top of page

Völkerrecht und humanitäre Verpflichtungen

Vector Flag of Germany (Vectorgrafik einer deutschen Flagge).

Alle Informationen zum Einfluss des Völkerrechts auf das deutsche Migrationsrecht (inklusive völkerrechtlicher Verpflichtungen Deutschlands).

Teilen:

Hier erfahren Sie

  • welche Stellung das Migrationsvölkerrecht in Deutschland hat

  • welche wichtigen Entsendungsregelungen aus dem Völkerrecht folgen

  • wie das Völkerrecht das deutsche Recht im Bereich Migration beeinflusst

  • welche humanitären Verpflichtungen Deutschland hat

Inhaltsverzeichnis

1. Völkerrecht und nationales Recht


2. Völkerrecht und allgemeines Aufenthaltsrecht

2.1 General Agreement on Trade in Services (GATS)

2.2 Spezielle Abkommen mit einzelnen Ländern


3. Humanitäres Völkerrecht


4. Wichtigste humanitäre Verpflichtungen

4.1 Asyl- und Konventionsflüchtlinge

4.2 Subsidiärer Schutz

4.3 Duldung und Abschiebeverbote

4.4 Humanitäre Aufnahmeprogramme

4.5 Härtefälle

4.6 Humanitäre Niederlassungserlaubnis


5. FAQ Völkerrecht


6. Fazit Völkerrecht und Migration

1. Völkerrecht und nationales Recht

Deutschland ist durch eine Vielzahl völkerrechtlicher und europarechtlicher Verträge im Bereich des Migrationsrechts gebunden. Besonders prägend ist hierbei das EU-Recht (insbesondere das Freizügigkeitsrecht), das im Bereich der Einreisebestimmungen maßgeblich durch das Schengen-Recht bestimmt wird. Diese internationalen Abkommen regeln allerdings nicht nur praktische Aspekte wie Visumsbefreiungen, sondern auch zentrale humanitäre Verpflichtungen gegenüber Schutzsuchenden.


In der Normenhierarchie steht das Völkerrecht über dem europäischen und nationalen Recht. Das bedeutet: Deutschland kann sich seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht entziehen. Bei Verstößen gegen internationale Verträge muss sich die Bundesrepublik vor internationalen Gerichten wie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) oder dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verantworten.

2. Völkerrecht und allgemeines Aufenthaltsrecht

2.1 General Agreement on Trade in Services (GATS)

Das Völkerrecht ist zunächst von Bedeutung im Rahmen von multilateralen Vertragswerken. Hierzu gehören neben Militär- und Diplomatieabkommen insbesondere das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (englisch General Agreement on Trade in Services; GATS) der WTO. Diese Abkommen enthalten spezielle Regelungen zur Migration in besonderen Fällen. So dürfen beispielsweise Staatsangehörige der Länder des GATS-Abkommens unter vereinfachten Bedingungen nach Deutschland entsandt werden (“GATS-Entsendung”, § 19c Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 29 Abs. 5 BeschV).


2.2 Spezielle Abkommen mit einzelnen Ländern

Neben diesen multilateralen Verträgen existieren weitere, auf einzelne Staaten beschränkte, aufenthaltsrechtlich relevante Verträge. Dazu gehören beispielsweise:



Zu diesen Abkommen hinzu kommen zahlreiche völkerrechtliche Verträge im Bereich Anerkennung von Ausbildungen und zum Sozialversicherungsrecht. Eine genaue Auflistung dieser Abkommen würde allerdings den Rahmen dieser Darstellung sprengen. Gerne steht Ihnen ein VISAGUARD-Rechtsanwalt zur Verfügung, wenn Sie diesbezüglich weitere Fragen haben.

3. Humanitäres Völkerrecht

Eine besondere Rolle im Bereich des migrationsrelevanten Völkerrechts spielt das humanitäre Völkerrecht. Deutschland ist durch verschiedene nationale und internationale Menschenrechtsverträge verpflichtet, die Rechte und Freiheiten des Einzelnen zu schützen. Dies gilt in besonderem Maße für das Recht auf Leben und eines entsprechenden Existenzminimums (“Bett, Brot, Seife”) und das Recht auf Achtung der Menschenwürde. Zu den wichtigsten Verträgen und Erklärungen gehören u.a. die europäischen Grundverträge (AEUV, EUV, EU-Grundrechtecharta) die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR), die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie zentrale UN-Menschenrechtsabkommen (z.B. die Genfer Flüchtlingskonvention des UNHCR). Diese Rechtsinstrumente bilden das Fundament für den Schutz der Menschenrechte in Deutschland.

Diese völkerrechtlichen Verträge und Erklärungen wurden in Deutschland sowohl auf verfassungsrechtlicher als auch auf einfachgesetzlicher Ebene in nationales Recht umgesetzt. Zu den wichtigsten nationalen humanitären Schutzregelungen für Ausländer zählen die Folgenden:



Neben diesen Schutzrechten existieren zahlreiche weitere humanitäre Aufenthaltsrechte, die allerdings sehr einzelfallspezifisch sind.

Kontaktieren Sie uns

Suchen Sie einen Rechtsanwalt im deutschen Immigrations- und Visumsrecht? Wir unterstützen Sie gern in Aufenthaltsverfahren vor den Botschaften, Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten.  Kontaktieren Sie uns, um einen Online-Termin mit einem deutschen Rechtsanwalt für Migrationsrecht zu buchen.

Seriöser VISAGUARD-Rechtsanwalt im Anzug knüpft seine Jacket zu.jpg

4. Wichtigste humanitäre Verpflichtungen

4.1 Asyl- und Konventionsflüchtlinge

Ein Konventionsflüchtling ist eine Person, die gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ihr Herkunftsland verlassen musste. In Deutschland wird dieser Schutzstatus im Rahmen des Asylverfahrens geprüft und gewährt. Zwischen dem Konventionsstatus nach der Genfer-Flüchtlingskonvention und dem Asylstatus bestehen keine praxisrelevanten Unterschiede.

Um als Konventionsflüchtling oder Asylberechtigter in Deutschland vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannt zu werden, müssen gemäß §§ 3 ff. AsylG folgende Voraussetzungen erfüllt sein:


  • Zuständigkeit Deutschlands nach dem Dublin-Recht (GEAS)

  • Begründete Furcht vor individueller Verfolgung – z. B. durch staatliche Organe oder Gruppen, denen der Staat keinen Schutz entgegensetzen kann

  • Aufenthalt in Deutschland und kein sicherer Herkunftsstaat – Personen aus sicheren Herkunftsländern haben es schwerer, anerkannt zu werden (sogenannte “offensichtliche Unbegründetheit”, §§ 29a ff. AsylG)

  • Keine innerstaatliche Fluchtalternative – es darf keine Möglichkeit geben, innerhalb des Herkunftslandes sicher zu leben.

  • Keine Ausschlussgründe (z.B. Kriegsverbrecher als Asylbewerber)


Wer als Flüchtling oder Asylberechtigter in Deutschland anerkannt ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 S. 1 Hs 1 AufenthG erhalten.

4.2 Subsidiärer Schutz

Der subsidiäre Schutz ist eine Form des internationalen Schutzes für Personen, die zwar nicht als Asylberechtigte oder Konventionsflüchtlinge anerkannt werden, aber bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland ernsthaften Schaden erleiden würden. Im Unterschied zum Asyl oder zur Flüchtlingseigenschaft beruht die Gefahr dabei nicht auf einer individuellen Verfolgung, sondern auf allgemeinen Gefahren wie z.B. Bürgerkriegen. Besondere Relevanz hat der subsidiäre Schutz in Deutschland bei Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien.


Wer in Deutschland subsidiären Schutz erhält, bekommt zunächst eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 S.1 Hs. 2 AufenthG. Der Schutzstatus berechtigt unter bestimmten Voraussetzungen zum Familiennachzug und ermöglicht Zugang zum Arbeitsmarkt sowie Integrationsmaßnahmen. Die Entscheidung über den subsidiären Schutz trifft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Rahmen des Asylverfahrens.

4.3 Duldung und Abschiebeverbote

Eine Duldung ist kein Aufenthaltstitel, sondern lediglich eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Geduldete Personen dürfen sich in Deutschland aufhalten, obwohl sie eigentlich ausreisepflichtig sind – etwa weil eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Häufige Gründe sind fehlende Reisedokumente, Krankheit oder humanitäre Einwände. Geduldete Personen haben eingeschränkte Rechte, können aber unter bestimmten Voraussetzungen eine Erlaubnis zur Beschäftigung beantragen, um ihre Integration voranzutreiben. Unter bestimmten Voraussetzungen können Geduldete eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG, gemäß § 104c AufenthG oder gemäß §§ 25a, b AufenthG erhalten.

4.4 Humanitäre Aufnahmeprogramme

Eine weitere Möglichkeit des humanitären Schutzes in Deutschland sind humanitäre Aufnahmeprogramme. Besondere Relevanz hat beispielsweise die Aufnahme nach der Massenzustromsrichtlinie (Richtlinie 2001/55/EG), mit der zahlreiche Ukrainer:innen nach Deutschland gekommen sind (§ 24 AufenthG). Auch für jüdische Staatsbürger und für Menschen aus Afghanistan gibt es Aufnahmeprogramme (§§ 22 ff. AufenthG). Hinzu kommen humanitäre Aufnahmeprogramme der einzelnen Bundesländer.


4.5 Härtefälle

Zum Schutz von Leben und anderer berechtigter Interessen ist auch ein Aufenthalt für sogenannte Härtefälle möglich (§ 23a AufenthG). Nach dieser Regelung kann Ausländern in Härtefälle der Aufenthalt in Deutschland gewährt werden. Hierfür ist ein entsprechender Beschluss einer sogenannten Härtefallkommission erforderlich.


4.6 Humanitäre Niederlassungserlaubnis

Deutschland geht in vielen Fällen mit den Rechten die es Ausländern gewährt über die völkerrechtlichen Pflichten hinaus. So ist es Ausländern, die sich aufgrund humanitärer Sachverhalte in Deutschland aufhalten, etwa möglich, unter bestimmten Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis zu beantragen (§ 26 Abs. 3, Abs. 4 AufenthG). Gerne berät Sie hierzu einer unserer Rechtsanwälte.

Kontaktieren Sie uns

Suchen Sie einen Rechtsanwalt im deutschen Immigrations- und Visumsrecht? Wir unterstützen Sie gern in Aufenthaltsverfahren vor den Botschaften, Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten.  Kontaktieren Sie uns, um einen Online-Termin mit einem deutschen Rechtsanwalt für Migrationsrecht zu buchen.

5. FAQ

Welche Bedeutung hat das Völkerrecht im deutschen Aufenthaltsrecht?

Das Völkerrecht steht in der Normenhierarchie über dem nationalen Recht. Deutschland ist verpflichtet, internationale Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention oder die Europäische Menschenrechtskonvention umzusetzen und einzuhalten. Diese beeinflussen maßgeblich die Rechte von Migrant:innen und Schutzsuchenden.


Welche internationalen Abkommen regeln Migration nach Deutschland?

Wichtige Abkommen sind z. B. das GATS-Abkommen (Handel mit Dienstleistungen), bilaterale Visum-Abkommen, der Assoziationsratsbeschluss mit der Türkei, die Massenzustromsrichtlinie oder das Brexit-Abkommen. Diese regeln konkrete Einreise- und Aufenthaltsrechte für bestimmte Personengruppen.


Was ist unter humanitärem Völkerrecht zu verstehen?

Das humanitäre Völkerrecht schützt grundlegende Menschenrechte, insbesondere in Notlagen. Es verpflichtet Deutschland zur Achtung der Menschenwürde, zum Schutz des Lebens und zur Gewährung eines Existenzminimums. Grundlage dafür sind unter anderem die EMRK, die AEMR und die Genfer Flüchtlingskonvention.

6. Fazit

Das deutsche Migrationsrecht ist in weiten Teilen durch das Völkerrecht und die daraus resultierenden humanitären Verpflichtungen geprägt. Internationale Verträge wie die Genfer Flüchtlingskonvention, das GATS-Abkommen oder spezielle bilaterale Regelungen setzen verbindliche Standards, die Deutschland beachten muss – sowohl bei der Einreise als auch beim Schutz besonders vulnerabler Personengruppen. Dabei geht das nationale Recht in vielen Bereichen sogar über die völkerrechtlich gebotenen Mindeststandards hinaus. Insbesondere im Bereich humanitärer Aufenthaltstitel – von der Duldung bis zur Niederlassungserlaubnis – zeigt sich, dass Deutschland Schutzbedürftigen umfassende Instrumente zur Verfügung stellt. Insgesamt lässt sich festhalten: Das Völkerrecht stellt nicht nur eine rechtliche Grundlage für das deutsche Migrationssystem dar, sondern ist Ausdruck der internationalen Verantwortung und humanitären Verpflichtung, die Deutschland gegenüber Migrant:innen und Geflüchteten trägt.

Black Vector Silouhette of Berlin
bottom of page