Schadensersatz Ausländerbehörde

Alle wichtigen Infos zum Thema Schadensersatz gegen die Ausländerbehörde bei Lohnausfall.
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Hier erfahren Sie
wann Sie von der Ausländerbehörde Schadensersatz bekommen können
was Sie tun müssen, wenn Sie von der Behörde Schadensersatz wollen
wann die Behörde Schäden wegen Lohnausfall und Jobverlust ersetzen muss
allgemeine Informationen zum Thema Amtshaftung z.B. bei Arbeitgeberwechsel
Inhaltsverzeichnis
1. Schadensersatz von der Ausländerbehörde
2. Lohnausfall ersetzen lassen vom Gericht
3. Amtshaftung geltend machen
3.1 Voraussetzungen der Amtshaftung
3.2 Dokumentation von Amtshaftungsschäden
4. Jobverlust verhindern durch Klage
5. Rechte gegenüber dem Arbeitgeber
6. FAQ
7. Fazit
1. Schadensersatz von der Ausländerbehörde
Viele internationale Fachkräfte und ausländische Arbeitnehmer in Deutschland sind auf eine schnelle und rechtssichere Entscheidung der Ausländerbehörden angewiesen. Doch in der Praxis kommt es immer wieder zu unverhältnismäßigen Verzögerungen oder rechtswidrigen Ablehnungen, die erhebliche finanzielle und berufliche Schäden verursachen können. In solchen Fällen kann ein Schadensersatzanspruch gegen die Ausländerbehörde bestehen.
Ein besonders praxisrelevantes Problem tritt beim Arbeitgeberwechsel auf: Hat eine Fachkraft eine neue Stelle gefunden, muss die Ausländerbehörde die Erlaubnis zur Beschäftigung erteilen (Ausnahme ist die Blaue Karte EU). Bleibt die Entscheidung jedoch über Monate aus, kann dies dazu führen, dass der Ausländer seinen Job verliert. In vielen Fällen werden Arbeitsgenehmigungen von den Ausländerbehörden außerdem mit unhaltbaren, teilweise willkürlichen oder diskriminierenden Begründungen verweigert. Ablehnungen aufgrund unbegründeter Bedenken oder ausländerfeindlicher Tendenzen sind oft rechtswidrig. Kommt es dadurch zu einem finanziellen Schaden, etwa durch den Verlust des Arbeitsplatzes, können betroffene Ausländer ebenfalls Schadensersatz von der Ausländerbehörde fordern.
Ein weiteres kritisches Szenario ergibt sich, wenn die Aufenthaltserlaubnis nicht rechtzeitig verlängert wird. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen (§ 4a Abs. 5 AufenthG). Verzögert die Ausländerbehörde die Verlängerung oder lehnt sie diese sogar rechtswidrig ab, kann dies dazu führen, dass der Arbeitsvertrag beendet wird – obwohl der Arbeitnehmer weiterhin einen rechtmäßigen Anspruch auf Aufenthalt gehabt hätte. Auch in diesem Fall kann ein Schadensersatzanspruch gegen die Ausländerbehörde bestehen.
2. Lohnausfall ersetzen lassen vom Gericht
Wenn Ausländer Schadensersatz von der Ausländerbehörde verlangen, spricht man von Amtshaftung. Die Amtshaftung bedeutet, dass die Ausländerbehörde für Schäden haften muss, die entstehen, wenn ein Sachbearbeiter einen Antrag fehlerhaft bearbeitet oder die gesetzliche Frist von drei Monaten (§ 75 VwGO) überschreitet. Gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ist der Staat dann zum Ersatz von Schäden verpflichtet.
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Aufsehen erregt hatte etwa jüngst ein Urteil aus Stuttgart. Nach einem langen Gerichtsverfahren hatte sich die Stuttgarter Ausländerbehörde auf einen Vergleich mit einem brasilianischen Krankenpfleger geeinigt und ihm 2.850 Euro für seinen Verdienstausfall erstattet. Der Grund: Aufgrund des behördlichen Verzugs konnte die brasilianische Pflegekraft ihre Arbeitsstelle wochenlang nicht antreten. Der Fachkraft wurde die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis verspätet ausgestellt, wodurch ihm ein Verdienstausfall von neun Wochen entstand. Erst nach zwei Gerichtsverhandlungen – mit unterschiedlichen Richtern – gab die Behörde schließlich nach. Der Fall zeigt einmal mehr, dass bürokratische Hürden den Zugang von ausländischen Fachkräften zum deutschen Arbeitsmarkt erschweren. Unternehmen und Fachkräfte sollten sich frühzeitig über rechtliche Fallstricke informieren und rechtliche Schritte in Erwägung ziehen, falls Verzögerungen drohen.
3. Amtshaftung geltend machen
3.1 Voraussetzungen der Amtshaftung
Für die Geltendmachung von Amtshaftung bzw. Schadensersatz von der Ausländerbehörde gibt es verschiedene Voraussetzungen, welche im Folgenden dargestellt werden. Damit ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Ausländerbehörde besteht, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Amtspflichtverletzung durch die Behörde
Ein Beamter oder Angestellter der Behörde muss eine Amtspflicht verletzt haben, die gerade auch den Betroffenen schützen sollte. Im Fall der Ausländerbehörde wird regelmäßig die Amtspflicht der zügigen und rechtmäßigen Entscheidung verletzt.
Verschulden der Behörde
Die Behörde oder ihr Bediensteter muss mindestens fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben. Hiervon wird immer dann auszugehen sein, wenn die Behörde (z.B. schriftlich oder per E-Mail) darauf hingewiesen wurde, dass eine Entscheidung notwendig ist und dass andernfalls Gehaltseinbußen entstehen können.
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Entstandener Schaden
Ein Amtshaftungsanspruch setzt außerdem voraus, dass ein konkreter Schaden entstanden ist. In Fällen der Fachkräfteeinwanderung können dies insbesondere finanzielle Verluste sein, wie etwa der Gehaltsausfall, der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Anwaltskosten.
Kein Selbstverschulden
Erforderlich für einen Amtshaftungsanspruch gegen die Ausländerbehörde ist außerdem, dass der Schaden für den Ausländer nicht vermieden werden konnte. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn der Ausländer sich anwaltlich beraten lassen hat und z.B. durch die Untätigkeitsklage versucht hat, die Arbeitserlaubnis oder Genehmigung zum Arbeitgeberwechsel zu erhalten.
3.2 Dokumentation von Amtshaftungsschäden
Um Amtshaftungsansprüche erfolgreich durchzusetzen, sollten Betroffene den Schaden genau dokumentieren (z.B. entgangenes Nettogehalt genau berechnen). Dies sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da Amtshaftungsansprüche grundsätzlich vor den Zivilgerichten geltend zu machen sind. Vor dem Zivilgericht muss dann vorgetragen und nachgewiesen werden, dass ein Schaden entstanden ist. Der Nachweis des Schadens ist in der Regel nur möglich, wenn genau dokumentiert wurde, wie viel Lohn entgangen ist. Insbesondere ist es hierbei wichtig, sämtliche Kommunikation mit dem Arbeitgeber aufzubewahren.
Gerne berät Sie einer unserer Rechtsanwälte zum Thema Dokumentation von Amtshaftungsschäden. Wir sind erfahrene Prozessrechtler und wissen, worauf es ankommt.
4. Jobverlust verhindern durch Klage
Wenn eine Schadensersatzklage gegen die Ausländerbehörde in Betracht gezogen wird, sollte immer zunächst versucht werden, die Behörde gerichtlich zur Entscheidung über die Arbeitserlaubnis zu zwingen. Ausländische Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten möchten, sind häufig auf eine Arbeitserlaubnis angewiesen. Doch lange Bearbeitungszeiten bei den Ausländerbehörden führen oft dazu, dass Antragsteller monatelang auf eine Entscheidung warten müssen. In solchen Fällen können sich Betroffene mit einer Untätigkeitsklage oder einer einstweiligen Anordnung vor Gericht wehren, um die Arbeitserlaubnis schneller zu erhalten.
Die Verwaltungsverfahrensgesetze sehen vor, dass Behörden innerhalb einer angemessenen Frist entscheiden müssen. Gemäß § 75 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) liegt eine Untätigkeit vor, wenn eine Behörde über einen Antrag ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten entscheidet. Die Ausländerbehörden machen hiergegen immer wieder geltend, dass sie aufgrund von Personalmangel nicht schneller entscheiden konnten. Es ist allerdings ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, dass fehlendes Personal in den Verantwortungsbereich der Ausländerbehörde fällt und keine Rechtfertigung für eine verzögerte Bearbeitung darstellt (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2017 – 1 BvR 2406/16 –, juris Rn. 9 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2017 – OVG 3 M 92.17).
Weitere Informationen zur Untätigkeitsklage gegen die Ausländerbehörde finden Sie in unserem VISAGUARD-Artikel zur Untätigkeitsklage in Einbürgerungssachen.
5. Rechte gegenüber dem Arbeitgeber
Wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber aufgrund einer fehlenden oder verspäteten Arbeitserlaubnis gekündigt werden, sollten Sie umgehend rechtlichen Rat bei einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einholen. Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur dürfen ausländische Arbeitnehmer nicht gekündigt werden, wenn die fehlende Arbeitserlaubnis nicht auf deren Verschulden zurückzuführen ist.
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Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Sie die Verlängerung oder Erteilung der Arbeitserlaubnis rechtzeitig beantragt haben und die Verzögerung auf das Verhalten der Ausländerbehörde zurückzuführen ist. Solange die Möglichkeit besteht, dass Ihnen die Arbeitserlaubnis noch erteilt wird, liegt kein rechtmäßiger Kündigungsgrund vor. Eine Kündigung wäre in einem solchen Fall unzulässig.
Erst wenn die Ausländerbehörde die Arbeitserlaubnis endgültig und unanfechtbar versagt, kann dies unter Umständen einen Kündigungsgrund darstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Sie bei der Erlangung der erforderlichen Erlaubnis aktiv zu unterstützen und darf das Arbeitsverhältnis nicht beenden.
Gerne berät Sie einer unserer VISAGUARD-Rechtsanwälte zu dieser Thematik und unterstützt Sie bei Konflikten mit der Ausländerbehörde oder Ihrem Arbeitgeber.
6. FAQ (Amtshaftung)
Sind Amtshaftungsschäden vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen?
Nein, grundsätzlich sind für Amtshaftungsklagen die Zivilgerichte zuständig (Art. 34 S. 3 GG). Gleichwohl kann es hilfreich sein, wenn ein Verwaltungsgericht vor dem Zivilprozess festgestellt hat, dass die Behörde rechtswidrig gehandelt hat.
Können mir Nachteile aus der Amtshaftungsklage entstehen?
Nein, die Behörden sind an Recht und Gesetz gebunden und können Sie nicht willkürlich schlechter behandeln, wenn Sie eine Amtshaftungsklage einreichen.
Was ist die häufigste Amtspflichtverletzung?
Die in der Praxis am häufigsten anzutreffende Amtspflichtverletzung ist die der zügigen und rechtmäßigen Entscheidung. Insofern können Ausländer bereits nach Ablauf der Dreimonatsfrist (§ 75 VwGO) Amtshaftung geltend machen, wenn sie in der Lage sind einen Schaden zu beweisen.
7. Fazit
Ausländische Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten möchten, sind auf eine schnelle und rechtmäßige Entscheidung der Ausländerbehörden angewiesen. Kommt es durch behördliche Verzögerungen oder rechtswidrige Ablehnungen zu einem Jobverlust oder Verdienstausfall, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung bestehen. Dies gilt insbesondere bei verspäteter Ausstellung von Aufenthaltstiteln, fehlerhafter Ablehnung einer Arbeitserlaubnis oder unterlassener Bearbeitung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Dreimonatsfrist (§ 75 VwGO).
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Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
[1] Detterbeck, Steffen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Auflage 2015
