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Sinn und Zweck des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)

  • Autorenbild: Mirko Vorreuter, LL.B.
    Mirko Vorreuter, LL.B.
  • 13. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit
Anwalt erklärt etwas

Das deutsche Aufenthaltsrecht umfasst viele einzelne Gesetze, Verordnungen und Richtlinien. Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bildet das Herzstück des deutschen Migrationsrechts. In § 1 Abs. 1 nennt es seine eigenen Ziele – und gibt damit Einblick in die grundlegende Logik, die hinter der Regelung von Einreise, Aufenthalt und Integration von Ausländerinnen und Ausländern steht. Auf den ersten Blick dominiert der restriktive Ansatz: Die Zuwanderung soll gesteuert und begrenzt werden. Es liegt letztlich in der Hand des Gesetzgebers, wie stark gesteuert oder wie offen Zuwanderung ermöglicht wird.


Humanitäre Verpflichtungen als Sinn und Zweck des AufenthG

Gleichzeitig verpflichtet sich das Gesetz jedoch auch ausdrücklich zur Einhaltung humanitärer Standards. In § 1 Abs. 1 Satz 3 wird festgelegt, dass die Anwendung des Gesetzes mit den humanitären Verpflichtungen Deutschlands im Einklang stehen muss. Dazu zählen insbesondere die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und andere internationale Verpflichtungen. Diese Standards können durch nationale Gesetzgebung nicht einfach aufgehoben werden. Das zeigt sich auch daran, dass mit dem Zuwanderungsgesetz 2005 deutliche Verbesserungen im humanitären Aufenthaltsrecht eingeführt wurden – etwa im Hinblick auf geschlechtsspezifische Verfolgung oder bei staatlich nicht zurechenbarer Bedrohung.


§ 1 Abs. 1 Satz 4 nennt die zentralen Regelungsbereiche des Gesetzes: Einreise, Aufenthalt, Erwerbstätigkeit und Integration. Satz 5 stellt klar, dass andere Gesetze – wie das Asylgesetz, das Gesetz über heimatlose Ausländer oder völkerrechtliche Verträge – unberührt bleiben. Das Aufenthaltsgesetz ist also kein umfassendes Ausländergesetz, sondern ein Teil eines größeren rechtlichen Rahmens, der unter anderem auch durch europäische Verordnungen wie den Schengener Grenzkodex oder den Visakodex ergänzt wird.


Integration als Gesetzeszweck des AufenthG

Besonders hervorgehoben wird im Gesetz die Integration – und das mit gutem Grund: Anders als im früheren Ausländergesetz ist Integration heute ein zentrales Anliegen. Dabei geht es aber nicht nur um Förderung, sondern auch um Verpflichtung. Mit der Reform durch das 1. Richtlinienumsetzungsgesetz wurde der Begriff „Förderung“ bewusst gestrichen. Stattdessen ist nun von „Integration“ die Rede – und die wird zunehmend mit Druck durchgesetzt. Das zeigt sich an der Teilnahmeverpflichtung für Integrationskurse, an der Möglichkeit der Sanktionierung und an der Berücksichtigung von Integrationsverstößen bei der Verlängerung des Aufenthaltstitels. Integration wird damit zum Pflichtprogramm, das auch mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden kann.


Fachkräfteeinwanderung und Zweck des AufenthG

Ein zentraler Zweck des Aufenthaltsgesetzes ist auch die gezielte Steuerung der Fachkräfteeinwanderung. Deutschland will mit dem AufenthG nicht nur Zuwanderung begrenzen, sondern auch ermöglichen – insbesondere dort, wo wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Interessen berührt sind. Die Gewinnung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland ist daher ausdrücklich Teil der gesetzlichen Zielsetzung (siehe § 18 AufenthG). Mit spezialisierten Aufenthaltstiteln wie der Blauen Karte EU, dem § 18a für Fachkräfte mit Berufsausbildung oder dem § 18b für Hochschulabsolventen schafft das Gesetz konkrete Instrumente, um den Fachkräftemangel in Deutschland durch gesteuerte Migration zu begegnen.


Fazit

Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ist mehr als nur ein Instrument zur Begrenzung von Migration – es bildet den rechtlichen Rahmen für eine ausgewogene Steuerung von Zuwanderung nach Deutschland. Es vereint drei zentrale Ziele: die Begrenzung unerwünschter Migration, die Einhaltung humanitärer Verpflichtungen und die aktive Gestaltung legaler Zuwanderung, insbesondere zur Fachkräftesicherung. Damit steht das Gesetz in einem Spannungsverhältnis zwischen Kontrolle und Offenheit. Die Integration wird dabei nicht nur gefördert, sondern als gesetzlicher Auftrag mit klaren Erwartungen an die Zugewanderten durchgesetzt. Insgesamt zeigt sich: Das Aufenthaltsgesetz verfolgt eine doppelte Zielrichtung – es schützt, steuert und verpflichtet – und reflektiert damit den komplexen Anspruch an ein modernes Einwanderungsrecht in einem demokratischen Rechtsstaat.

 
 
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