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Wann darf die Behörde bei der Untätigkeitsklage länger brauchen?

  • Autorenbild: Mirko Vorreuter, LL.B.
    Mirko Vorreuter, LL.B.
  • 1. Sept.
  • 2 Min. Lesezeit
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Wenn eine Ausländerbehörde zu lange untätig bleibt – zum Beispiel bei einem Visumantrag oder einem Antrag auf Aufenthaltserlaubnis – steht Antragstellern grundsätzlich die sogenannte Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO offen. Doch auch hier gilt: Nicht jede Verzögerung ist unzulässig. Behörden können sich unter bestimmten Voraussetzungen auf einen "zureichenden Grund" berufen, der eine Verlängerung der Entscheidungsfrist rechtfertigt. Wann das zulässig ist und wann nicht, erklären wir hier.


Die Drei-Monats-Frist – und was danach passiert

Nach § 75 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) darf eine Klage wegen Untätigkeit grundsätzlich nach drei Monaten erhoben werden, wenn die Behörde bis dahin nicht über den Antrag entschieden hat. Nach Ablauf dieser Frist ist die Untätigkeitsklage auch ohne Abschluss eines Vorverfahrens (Widerspruchs) zulässig. Allerdings heißt das nicht, dass die Klage immer sofort Erfolg hat. Denn das Gericht prüft zunächst, ob die formalen Voraussetzungen für eine Sachentscheidung vorliegen (Zulässigkeitsvoraussetzungen).


Ist die Klage zulässig und nicht offensichtlich unbegründet, prüft das Gericht, ob ein zureichender Grund für die Untätigkeit der Behörde besteht. Nur dann darf das Gericht das Verfahren aussetzen und der Behörde mehr Zeit geben. Diese Aussetzung erfolgt per förmlichem Beschluss und enthält eine konkrete Frist, bis wann die Behörde entscheiden muss. Das Gericht darf nicht einfach „bis zur Entscheidung der Behörde“ aussetzen, sondern muss eine feste Frist bestimmen, die auch mehrfach verlängert werden kann – aber nur, wenn der „zureichende Grund“ weiter fortbesteht.


Was ist ein „zureichender Grund“?

Ein zureichender Grund im Sinne von § 75 VwGO ist mehr als eine bloße Behauptung der Überlastung. Der Grund muss objektiv nachvollziehbar, mit der Rechtsordnung vereinbar und im Lichte der Grundrechte verhältnismäßig sein.


Zureichende Gründe können sein:


  • Besondere Schwierigkeit der Sachverhaltsermittlung, z. B. bei komplexen oder unklaren Fakten

  • Einzelfallbezogene Überlastung durch vorübergehende Umstände, etwa plötzlicher, nicht kompensierbarer Personalausfall

  • Anhängigkeit eines vorgreiflichen Verfahrens, wenn spezialgesetzlich geregelt

  • Zustimmung des Antragstellers und ggf. weiterer Beteiligter zur Aussetzung


Keine zureichenden Gründe sind:

  • Generelle Überlastung der Behörde oder steigende Fallzahlen

  • Krankheit, Urlaub oder fehlende Vertretung von Mitarbeitenden

  • Warten auf erwartete Gesetzesänderungen

  • Fehlen interner Weisungen oder Verwaltungsvorgaben

  • Verweigerung der Sachbehandlung mit Hinweis auf angeblich unzulässigen Antrag

  • Fehlende Akten, wenn die Behörde es unterließ, Kopien anzufertigen


Insbesondere im Ausländerrecht ist häufig zu beobachten, dass sich Behörden auf angebliche Arbeitsüberlastung berufen. Die Rechtsprechung stellt hier klar: Organisationsmängel rechtfertigen keine Untätigkeit. Eine funktionierende Verwaltung muss auch bei hoher Arbeitsbelastung in zumutbarer Zeit entscheiden – oder ihr Personal entsprechend organisieren.


Praxisbeispiel: Was heißt das für Antragsteller?

Wer z. B. seit vier Monaten auf eine Entscheidung über einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis wartet und keine Rückmeldung erhält, kann Untätigkeitsklage erheben. Reagiert die Behörde nicht mit einer zügigen Bearbeitung, kann das Verwaltungsgericht eingeschaltet werden. Gibt es objektive Gründe – etwa, weil Informationen aus dem Ausland fehlen, die die Behörde rechtzeitig angefordert hat – kann das Verfahren einmalig ausgesetzt werden. Aber: Bloßes „Nicht-Können“ wegen Personalmangel genügt nicht. In diesen Fällen besteht ein klarer Rechtsanspruch auf Entscheidung, den die Betroffenen einklagen können.


Fazit: Untätigkeit ist kein Dauerzustand

Die Untätigkeitsklage ist ein wichtiges Mittel gegen behördliches Verzögern – gerade im Migrationsrecht, wo Zeit oft entscheidend ist. Behörden dürfen die Drei-Monats-Frist nur in engen Ausnahmefällen überschreiten. Antragsteller sollten sich bei längerer Verzögerung rechtlich beraten lassen und eine Klage nicht scheuen. VISAGUARD vermittelt Ihnen gerne kompetente Fachanwälte, die Sie bei einer Untätigkeitsklage vertreten können.

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