EU-Grundrechtecharta (EU-GRC) Deutschland
Grundrechte in der EU: Diese Grundrechte haben die EU-Bürger in allen Mitgliedstaaten der EU.

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was die EU-Grundrechtecharta (EUGrC) ist
was die EU-Grundrechtecharta regelt
für wen die EU-Grundrechte gelten
Durchsetzung der EU-Grundrechte
1. Was ist die Europäische Grundrechtecharta?
2. Für wen gilt die EU-Grundrechtecharta?
3. Welche Rechte gelten nach der EUGrC?
4. Durchsetzung von EU-Grundrechten
5. FAQ EU-Grundrechte
6. Fazit EU-Grundrechte
1. Was ist die Europäische Grundrechtecharta?
Die EU-Grundrechtecharta (EU-GRC) ist das zentrale Grund- und Menschenrechtsdokument der Europäischen Union. In ihr sind die wesentlichen Grundrechte und Freiheiten niedergeschrieben, die für die Organe, Einrichtungen und Behörden der EU verbindlich sind. Sie wurde im Jahr 2000 feierlich proklamiert und ist seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 rechtsverbindlich. Die Charta fasst in sechs Titeln zentrale Rechte zusammen – darunter Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Solidarität – und ergänzt diese um justizielle Rechte und Bürgerrechte.
Ziel der EU-Grundrechtecharta ist es, die Grundrechte im Unionsrecht sichtbar zu machen, Rechtssicherheit zu erhöhen und den Schutzstandard zu harmonisieren. Die Charta orientiert sich an der Europäischen Menschenrechtskonvention, den Verfassungen der Mitgliedstaaten und internationalen Menschenrechtsverträgen. Sie hebt sich durch ihren breiten Schutzbereich hervor: Neben klassischen Freiheitsrechten schützt sie auch soziale Rechte wie faire Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit. Die EU-Grundrechtecharta ist damit in Deutschland eine wichtige Ergänzung zu den Verfassungsrechten, die aus dem Grundgesetz (GG) resultieren.
2. Für wen gilt die EU-Grundrechtecharta?
Die EU-Grundrechtecharta ist grundsätzlich (genauso wie das Grundgesetz) auf alle Menschen der Welt anwendbar, die sich in der EU aufhalten. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch alle EU-Grundrechte auf alle Menschen anwendbar sind, da manche EU-Grundrechte nur auf EU-Bürger anwendbar sind (keine “Jedermanns-Grundrechte”). So haben etwa alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen (siehe Art. 15 Abs. 2 EU-GrC). Dies gilt aber eben nur für EU-Bürger und nicht für alle Menschen. Demgegenüber sind aber zentrale Rechte wie die Menschenwürde (Art. 1 EU-GrC) oder das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 1 EU-GrC) auf alle Menschen anwendbar.
Die EU-Grundrechtecharta adressiert in erster Linie für die Institutionen der EU und alle Organe, Behörden und Einrichtungen der Union. Sie sind verpflichtet, bei jedem Handeln die in der Charta garantierten Grundrechte zu achten. Dazu gehört insbesondere die Gesetzgebung der EU, aber auch das Verwaltungshandeln in Brüssel und Straßburg. Für die Mitgliedstaaten gilt die EU-GRC allerdings nur dann, wenn sie Unionsrecht umsetzen oder anwenden. Das heißt: Die Charta findet nur Anwendung bei einem sogenannten „Unionsrechtsbezug“. Nationale Maßnahmen ohne Bezug zu EU-Recht unterfallen allein den jeweiligen nationalen Grundrechten. In der Praxis sind es also vor allem Situationen mit direktem Bezug zu EU-Verordnungen oder EU-Richtlinien (Sekundärrecht), in denen sich Bürgerinnen und Bürger auf die EU-Grundrechte berufen können.
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3. Welche Rechte gelten nach der EU-GRC?
Die EU-Grundrechtecharta umfasst insgesamt 50 Artikel, die eine Vielzahl individueller Rechte garantieren. Dazu gehören klassische Abwehrrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und das Recht auf Achtung des Privatlebens. Darüber hinaus schützt sie moderne Freiheitsrechte wie Datenschutz, Verbraucherrechte, die Unverletzlichkeit der Wohnung sowie das Recht auf eine gute Verwaltung. Die EU-Grundrechte sind weitestgehend gleichlaufend mit den Grundrechten aus dem Grundgesetz, lediglich der Anwendungsbereich und die Durchsetzung unterscheiden sich.
Besonders hervorzuheben im Immigrationsrecht ist allerdings der umfassende Diskriminierungsschutz in Artikel 21, der deutlich über das hinausgeht, was viele nationale Regelungen bieten. Auch soziale Rechte wie das Recht auf menschenwürdige Arbeit, Gesundheitsversorgung und eine kostenlose Arbeitsvermittlung sind Teil der Charta. In einigen Bereichen spielt die EU-Grundrechtecharta also eine wichtige Rolle, insbesondere für Unionsbürger und ihre Familie.
4. Durchsetzung von EU-Grundrechten
Die EU-Grundrechte können vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg durchgesetzt werden, wenn es um Handlungen von EU-Institutionen geht oder Mitgliedstaaten bei der Anwendung von EU-Recht gegen Grundrechte verstoßen. Der EuGH hat die Charta seit 2009 in zahlreichen Grundsatzentscheidungen herangezogen, etwa zur Vorratsdatenspeicherung oder zu Arbeitnehmerrechten.
Auch nationale Gerichte – etwa in Deutschland – müssen die Charta anwenden, wenn sie Fälle mit Unionsrechtsbezug entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2019 in zwei grundlegenden Entscheidungen zur gleichzeitigen Geltung von Grundrechten und EU-Grundrechten seine Rechtsprechung zum Verhältnis von deutschem Grundgesetz und europäischer Grundrechtecharta (GRC) im Kontext von Umsetzungsspielräumen des Unionsrechts weiterentwickelt. Es hat dabei die Kompetenz zur Prüfung von Unionsgrundrechten im Bereich vollständig harmonisierten Unionsrechts betont und gleichzeitig die Bedeutung der Grundrechte des Grundgesetzes als nationale Schutzstandards im Bereich nicht vollständig harmonisierten Rechts hervorgehoben. Damit ist die EU-GRC ein zentraler Bestandteil des europäischen Grundrechtsschutzes geworden.
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5. FAQ zur EU-Grundrechtecharta und Immigration
Welche Staaten sind an die Charta gebunden?
Alle Mitgliedstaaten der EU sind durch die EU-GRC gebunden – allerdings nur bei Umsetzung von EU-Recht. Die Charta ist für die Organe der EU immer verbindlich.
Kann man sich in Deutschland direkt auf die Charta berufen?
Ja – sofern es einen EU-rechtlichen Bezug gibt. Etwa wenn EU-Richtlinien umgesetzt oder EU-Verordnungen angewendet werden. Rein nationale Sachverhalte unterliegen ausschließlich dem deutschen Grundgesetz.
Wie unterscheidet sich die Charta von der Europäischen Menschenrechtskonvention?
Die Charta ergänzt die EMRK und geht in einigen Punkten darüber hinaus. Sie ist unmittelbares Primärrecht der EU und enthält modernere Schutzmechanismen, insbesondere im Bereich der sozialen Rechte und des Datenschutzes.
Gibt es absolute EU-Grundrechte?
Ja. Menschenwürde, das Folterverbot und das Sklavereiverbot gelten absolut. In diese Rechte darf unter keinen Umständen eingegriffen werden.
6. Fazit: Bedeutung der EU-GRC für Drittstaatsangehörige
Die EU-Grundrechtecharta stellt ein zentrales Element des europäischen Rechtsstaats dar und sichert nicht nur Bürgerinnen und Bürgern der EU, sondern auch Drittstaatsangehörigen ein hohes Maß an Schutz zu – immer dann, wenn ein Bezug zum Unionsrecht besteht. Gerade im Bereich des Aufenthalts- und Migrationsrechts kann sie entscheidend sein, wenn nationale Behörden EU-Recht anwenden oder umsetzen. Für Drittstaatsangehörige in Deutschland bedeutet das: Wer sich auf EU-Richtlinien berufen kann – etwa zur Familienzusammenführung, zur Arbeitsmigration oder zu Aufenthaltsrechten – kann in bestimmten Fällen auch Grundrechte aus der EU-GRC geltend machen. Die Charta ist damit ein starkes Instrument im Kampf für Gleichbehandlung, Freiheit und Menschenwürde im europäischen Raum.
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Quellenverzeichnis (Paywall)
[1] Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Auflage 2019
[4] Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 389–405)
[5] Verwaltungsanweisungen zum Aufenthalt in Berlin (VAB), Stand 18.02.2025, FreizügG/EU
