Australien bietet erstmals Klimavisum an
- Isabelle Manoli

- 6. Okt.
- 2 Min. Lesezeit

Australien hat als erstes Land der Welt ein spezielles Klimavisum eingeführt – ein Schritt, der weltweit Beachtung findet. Im Fokus steht dabei der pazifische Inselstaat Tuvalu, der aufgrund des steigenden Meeresspiegels und immer häufiger auftretender Naturkatastrophen in seiner Existenz bedroht ist. Auf den drei Inseln und sechs Atollen leben rund 11.000 Menschen – viele davon auf nur 20 bis 400 Meter breiten Landstreifen, die bei Sturmfluten regelmäßig überflutet werden.
Mit dem neuen Programm erhalten ab sofort 280 Tuvaluer pro Jahr ein unbefristetes Bleiberecht in Australien. Innerhalb weniger Tage haben sich bereits ein Drittel der Bevölkerung für das Visum beworben. Grundlage dieses Programms ist der Falepili-Vertrag von 2023, benannt nach dem tuvaluischen Wort für „gute Nachbarschaft, Fürsorge und Respekt“. Doch hinter der humanitären Geste steckt weit mehr als reine Nächstenliebe.
Zwischen Klimahilfe und Kohleexporten
Während Australien nun eine Vorreiterrolle im Bereich klimabezogener Migration übernimmt, steht die eigene Klimapolitik stark in der Kritik. Australien ist der weltweit drittgrößte Exporteur von Kohle und Gas und hat seit 2022 gleich zehn neue Kohleprojekte genehmigt – Projekte, die über ihre Laufzeit Milliarden Tonnen CO₂-Emissionen verursachen werden.
Außenministerin Penny Wong betont, dass sich die Abkehr von fossilen Brennstoffen nur langsam vollziehen könne: „Der klimafreundliche Umbau unserer Wirtschaft ist wie das Wenden eines großen Schiffes.“ Dennoch sollen die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent gegenüber 2005 gesenkt werden, mit weiteren Zielen für 2035 in Planung. Kritiker fordern jedoch deutlich ambitioniertere Maßnahmen, um Australien als glaubwürdigen Partner im globalen Klimaschutz zu positionieren.
Migration, Geopolitik und Zukunftsperspektiven in Australien
Das Klimavisum ist nicht nur ein humanitäres Programm – es ist auch ein geopolitisches Signal. Im Pazifik konkurriert Australien zunehmend mit China um politischen Einfluss. Während Australien auf enge Partnerschaften und regionale Programme setzt, baut China seit Jahren seine wirtschaftliche und militärische Präsenz aus. Das neue Visum, ebenso wie andere Programme wie das Pacific Engagement Visum oder Investitionen in Sport- und Infrastrukturprojekte, sollen den Nachbarn signalisieren: Australien steht an eurer Seite.
Für die Menschen in Tuvalu bleibt derweil ungewiss, wie lange ihre Heimat noch bewohnbar ist. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2050 mehr als die Hälfte der Inseln überflutet sein könnten – bis Ende des Jahrhunderts möglicherweise sogar 90 Prozent. Der Wunsch vieler Tuvaluer, ihre Kultur, Sprache und ihr Land zu bewahren, kollidiert damit zunehmend mit den Realitäten des Klimawandels. Australien investiert deshalb parallel Millionen in Landgewinnungsprojekte und Klimaanpassungsstrategien, um zumindest einen Teil der Bevölkerung vor Ort halten zu können.
Fazit zum Klimavisum in Australien
Australiens Initiative ist ein historischer Meilenstein für den Umgang mit klimabedingter Migration. Doch ob dieser Schritt tatsächlich ausreicht – und ob Australien auch die eigenen Klimaziele konsequent verfolgt – bleibt eine offene Frage. Sicher ist nur: Tuvalu wird zum Symbol dafür, wie eng Klimaschutz, Migration und Geopolitik im 21. Jahrhundert miteinander verflochten sind.



