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Untersuchungsgrundsatz und Beweisrecht (Migrationsrecht)

Alle Informationen zum Untersuchungsgrundsatz und Beweisrecht im Migrationsrecht.

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Ein Rechtsanwalt hält den Schönfelder (rotes Buch) in der Hand.

Hier erfahren Sie ...

  • was der Untersuchungsgrundsatz ist

  • Bedeutung des Untersuchungsgrundsatzes

  • Untersuchungsgrundsatz und Amtsermittlung

  • Beweisrecht und Migrationsfälle (Amtsermittlungsgrundsatz)

Inhaltsverzeichnis

1. Untersuchungsgrundsatz Migration (Behörden)

2. Mitwirkungspflichten und Zumutbarkeitsgrenze

3. Untersuchungsgrundsatz Migration (Gerichte)

4. Beweisantragsrecht (Amtsermittlungsgrundsatz)

5. FAQ Untersuchungsgrundsatz Visum

6. Fazit Untersuchungsgrundsatz Visum

1. Untersuchungsgrundsatz im Verwaltungsverfahren

Das deutsche Migrationsrecht ist Teil des Verwaltungsrechts bzw. des öffentlichen Rechts. Im deutschen Migrationsrecht gilt deshalb der sogenannte Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG). Das bedeutet, dass die Ausländerbehörde und Botschaften von Amts wegen den Sachverhalt vollständig und korrekt ermitteln müssen. Die Behörden können sich also nicht darauf verlassen, dass alle Informationen zum Sachverhalt nur vom Antragsteller kommen (das wäre der im Zivilrecht geltende “Beibringungsgrundsatz”).

Die Behörde ist also im Migrationsrecht dazu verpflichtet, die tatsächlichen Voraussetzungen für die beantragte Aufenthaltserlaubnis oder das Visum selbstständig zu prüfen und Beweise zu erheben. Besonders im Aufenthaltserlaubnis- und Visumverfahren spielt dieser Grundsatz eine zentrale Rolle. Die Auslandsvertretung muss prüfen, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die Visumerteilung vorliegen (oder im Fall der Ausländerbehörde für die Aufenthaltserlaubnis). Dies kann bei komplexen Tatsachenfragen durchaus ein Vorteil für Ausländer sein, beispielsweise wenn es um die politische Situation in bestimmten Ländern geht.

2. Mitwirkungspflichten und Zumutbarkeitsgrenze

Der Untersuchungsgrundsatz bedeutet allerdings nicht, dass Betroffene im Migrationsverfahren völlig passiv bleiben dürfen. Nach dem Aufenthaltsgesetz besteht eine Mitwirkungspflicht von Ausländern, insbesondere bei der Vorlage von Urkunden, Nachweisen oder bei der Beantwortung von Fragen zu persönlichen Daten. Diese Pflicht ergibt sich unter anderem aus § 82 AufenthG und flankiert die Ermittlungspflicht der Behörde.

Die Mitwirkungspflicht von Ausländern hat allerdings auch eine Zumutbarkeitsgrenze. Insbesondere dürfen Ausländerbehörden und Auslandsvertretung ihre Sachverhaltsermittlungspflicht nicht einfach auf den Ausländer “abwälzen”. Ausländer sind nur dazu verpflichtet, bei Umständen in ihrer eigenen Sphäre mitzuwirken und auch das nur solange die Mitwirkung zumutbar ist. So hat beispielsweise die Passbeschaffungspflicht ihre Zumutbarkeitsgrenze dort, wo Länder kein funktionierendes Pass- und Dokumentenwesen haben (z.B. in Afghanistan und Somalia).

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3. Untersuchungsgrundsatz vor Gericht (Amtsermittlungsgrundsatz)

Der Untersuchungsgrundsatz gilt auch vor den Verwaltungsgerichten im Migrationsrecht (vor Gericht “Amtsermittlungsgrundsatz” genannt, siehe § 86 VwGO). Das bedeutet: Das Verwaltungsgericht ist nicht an den Vortrag der Beteiligten gebunden, sondern muss den Sachverhalt eigenständig ermitteln. Dies unterscheidet das gerichtliche Migrationsrecht in besonderer Weise von anderen Rechtsgebieten wie z.B. dem Zivil- und Arbeitsrecht, wo der Beibrigungsgrundsatz gilt. Während also z.B. im Arbeitsrecht nur der Vortrag und die Beweise Gegenstand einer Gerichtsverhandlung sind, die auch von den Beteiligten mündlich oder schriftlich in den Prozess eingebracht wurden, ist die Vortrags- und Darlegungslast im Verwaltungsrecht wesentlich geringer.

In der Praxis bedeutet das: Selbst wenn ein Antragsteller bestimmte Beweise nicht vorlegen kann, muss das Gericht von Amts wegen weitere Nachforschungen anstellen, wenn es Zweifel an der behördlichen Entscheidung hat. Wenn es um die Situation in den Herkunftsländer geht, bedienen sich die Gerichte hierzu bestimmter “Erkenntnismittellisten”. Die Erkenntnismittellisten sind meistens Sammlungen von Gutachten, die beispielsweise vom Auswärtigen Amt oder von NGO’s über die politische und gesellschaftliche Situation in den Herkunftsländern angefertigt wurden. Die Erkenntnismittelliste wird Rechtsanwälten in der Regel zur Vorbereitung auf mündliche Verhandlungen im Migrationsrecht zur Verfügung gestellt.

4. Beweisanträge und Amtsermittlungsgrundsatz

Der Untersuchungsgrundsatz bzw. Amtsermittlungsgrundsatz führt dazu, dass Antragsteller im Gerichtsverfahren viele strategische Möglichkeiten haben. Denn trotz des Untersuchungsgrundsatzes können Antragsteller im gerichtlichen Verfahren Beweisanträge stellen. Diese Möglichkeit ist besonders wichtig, wenn die Behörde oder das Gericht zentrale Punkte des Sachverhalts nicht ausreichend geklärt hat. Ein ordnungsgemäßer Beweisantrag kann etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die Vernehmung eines Zeugen zum Ziel haben.

Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes ist das Gericht dann dazu verpflichtet, entsprechende Ermittlungen zugunsten des Antragstellers anzustellen, wenn es den Beweisantrag nicht ablehnt. Dabei ist zu beachten, dass das Gericht einen Beweisantrag nur ablehnen darf, wenn der Beweis offensichtlich ungeeignet ist oder der Antrag verspätet gestellt wurde. Gerade im Aufenthaltsrecht und bei Visumklagen ist deshalb das richtige Timing vor Gericht von Bedeutung. Wer sich frühzeitig anwaltlich beraten lässt, kann Beweise gezielt einbringen und so zur Sachverhaltsaufklärung beitragen.

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Rechtsanwalt erklärt seinem Mandanten das deutsche Immigrationsrecht.

5. FAQ Untersuchungsgrundsatz und Amtsermittlung Visum

Was bedeutet der Untersuchungsgrundsatz im Visumverfahren?

Der Untersuchungsgrundsatz bedeutet, dass die Visastelle und die Ausländerbehröden von sich aus den Sachverhalt ermitteln müssen (§ 24 VwVfG).


Gilt der Untersuchungsgrundsatz auch vor Gericht?
Ja, der Untersuchungsgrundsatz gilt auch vor Gericht. Dort heißt er allerdings “Amtsermittlungsgrundsatz” (§ 86 VwGO), was im Grunde aber das Gleiche ist.


Gibt es Ausnahmen zum Untersuchungs- und Amtsermittlungsgrundsatz?
Ja, der Untersuchungs- und Amtsermittlungsgrundsatz endet dort, wo die Mitwirkungspflicht des Ausländers anfängt. Dies gilt insbesondere für persönliche Informationen und Urkunden und im humanitären Aufenthaltsrecht (Asylrecht).

6. Fazit Untersuchungsgrundsatz und Amtsermittlung Visum

Der Untersuchungsgrundsatz ist ein zentrales Element des Migrationsverfahrensrechts. Er verpflichtet Behörden und Gerichte, von sich aus eine vollständige und objektive Prüfung vorzunehmen. Für Betroffene bedeutet das: Auch wenn sie umfassend mitwirken müssen, bleibt es Aufgabe des Staates, die entscheidungsrelevanten Tatsachen aufzuklären. Eine fundierte anwaltliche Begleitung kann dabei helfen, dieses Recht effektiv durchzusetzen.

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