Formulierung Klageanträge im Migrationsrecht

Tipps und Formulierungshilfen zur gerichtlichen Antragstellung im Aufenthalts- und Migrationsrecht.
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Hier erfahren Sie
welche Bedeutung ein gerichtlicher Antrag im Visumsrecht hat
welche gerichtlichen Antragsformen es im Migrationsrecht gibt
wie ein gerichtlicher Antrag im Visumsrecht zu formulieren ist
wie gerichtliche Antragsarten im Migrationsrecht kombiniert werden können
Inhaltsverzeichnis
1. Antragsformulierung Visumsklage
2. Formulierung Klageanträge Aufhebung Visumsablehnung
3. Klageanträge bei Untätigkeitsklage
4. Gerichtliche Anträge im Eilverfahren
5. FAQ Formulierungshilfe Antrag Visumsklage
6. Fazit Formulierungshilfe Antrag Visumsklage
1. Antragsformulierung Visumsklage
Im Verwaltungsrecht gelten im Vergleich zum Zivilrecht weniger strenge Anforderungen an die Formulierung eines Antrags. Nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) “soll” die Klage einen bestimmten Antrag enthalten – sie “muss” es also nicht zwingend. Das bedeutet: Selbst wenn kein förmlicher Antrag gestellt wird, kann die Klage zulässig sein, solange das Klagebegehren für das Gericht erkennbar ist. Eine Klage wird also nicht allein deshalb abgewiesen, weil der Antrag unpräzise oder gar nicht ausdrücklich formuliert wurde. Dies gilt insbesondere für die Einreichung der Klage: Es ist durchaus möglich, die Klage ohne einen Antrag bzw. ohne Antragsankündigung einzureichen und dann erst in der mündlichen Verhandlung deutlich zu machen, was man will.
Trotzdem ist es aus praktischer Sicht ratsam, dem Gericht möglichst früh und klar mitzuteilen, worauf die Klage abzielt. Eine klare Antragsformulierung hilft nicht nur dem Gericht bei der rechtlichen Einordnung, sondern erhöht auch die Chancen auf eine zielführende Entscheidung. Im Übrigen hat sich einfach eine dementsprechende gerichtliche Praxis herausgebildet. Insoweit mag zwar der Antrag rechtlich nicht zwingend erforderlich sein, rein praktisch ist die Antragsformulierung bei Klageerhebung aber gängige Vorgehensweise.
Dieser Fachbeitrag gibt einen Überblick über Formulierungshilfen für typische Anträge im Migrations- und Visumsrecht – insbesondere im Zusammenhang mit Visumsklagen – und zeigt, wie Antragsteller ihr Anliegen präzise und wirksam darstellen können. Es sollte allerdings beachtet werden, dass es grundsätzlich endlos viele Antragsmöglichkeiten gibt. Die auf dieser dargestellten Formulierungshilfen für Anträge betreffen nur die häufigsten und gängigsten Klageanträge im Migrationsrecht. Es gibt allerdings weitere Antragsarten (z.B. die Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO). Für eine vollständige Übersicht empfehlen wir einen entsprechenden Kommentar oder ein Formularhandbuch für Rechtsanwälte.
2. Formulierung Klageanträge Aufhebung Visumsablehnung
Der häufigste Fall der Visumsklage ist die Beantragung der Aufhebung eines Ablehnungsbescheids. Die Ablehnung des Bescheids erfolgt mit der sogenannten Anfechtungsklage (§ 42 VwGO). Der Antrag für eine Anfechtungsklage lautet wie folgt:
“Hiermit beantrage ich, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom [Datum] ([Aktenzeichen]) aufzuheben.”
Wenn die Anfechtungsklage erfolgreich ist, wird der Ablehnungsbescheid aufgehoben (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Die Aufhebung des Ablehnungsbescheids bedeutet aber erst einmal nur, dass die Ablehnung rechtswidrig war. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass das Visum auch erteilt wird. Deshalb wird in der Praxis meistens ein Kombinationsantrag aus Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag gestellt. Die Kombination aus Anfechtungs- und Verpflichtungsklage lautet bei der Visumsklage auf Grundlage eines Anspruchs:
“Hiermit beantrage ich, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom [Datum] ([Aktenzeichen]) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ein Visum zum [Visumszweck] zu erteilen.”
Wenn es sich bei der Norm auf Grundlage der das Visum erteilt werden soll, nicht um einen Anspruch (“ist” zu erteilen, z.B. Blaue Karte EU gemäß § 18g AufenthG), sondern um eine Ermessensnorm (“kann” erteilt werden, z.B. Selbstständigkeit gemäß § 21 AufenthG) handelt, muss der Antrag für die kombinierte Anfechtungsverpflichtungsklage (Versagungsgegenklage)leicht abgewandelt werden. Der Klageantrag lautet dann:
“Hiermit beantrage ich, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom [Datum] ([Aktenzeichen]) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Visumantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.”
Die erneute Entscheidung über einen Visumantrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts wird “ermessensfehlerfreie Neubescheidung” genannt.
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3. Klageanträge bei Untätigkeitsklage
Ein sehr häufiger Praxisfall von Gerichtsverfahren im Migrationsrecht ist auch die sogenannte Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) als Unterfall der Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Die Untätigkeitsklage spielt insbesondere bei Einbürgerungen und Niederlassungserlaubnissen eine Rolle, kann aber auch im Visumsrecht genutzt werden. Bei der Untätigkeitsklage muss unterschieden zwischen der reinen Bescheidungsklage und dem Begehr einer inhaltlichen Entscheidungen. Bei der reinen Bescheidungsklage wird vor Gericht nur beantragt, dass die Behörde verpflichtet wird, irgendetwas zu entscheiden. Bei der Bescheidungsklage inklusive der inhaltlichen Entscheidung wird gerichtlich beantragt, dass die Behörde im Sinne des Klägers entscheidet.
Der reine Bescheidungsantrag für den Antrag, dass die Behörde überhaupt entscheidet lautet:
“Hiermit beantrage ich, die Beklagte dazu zu verpflichten, unverzüglich mittels rechtsbehelfsfähigen Bescheids über den Antrag des Klägers vom [Antragsdatum] zu entscheiden.”
Wenn zusätzlich zum Bescheidungsantrag noch eine Entscheidung in der Sache (z.B. die Einbürgerung) beantragt wird, lautet der Antrag:
“Hiermit beantrage ich, die Beklagte dazu zu verpflichten, unverzüglich mittels rechtsbehelfsfähigen Bescheids über den Antrag des Klägers vom [Antragsdatum] zu entscheiden und den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.”
Falls nicht die Einbürgerung beantragt wird, sondern z.B. die Niederlassungserlaubnis, muss der Antrag entsprechend angepasst werden (z.B. “[...] und dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.”)
4. Gerichtliche Anträge im Eilverfahren
Die genannten Anfechtungs- und Verpflichtungsanträge können auch im Eilverfahren geltend gemacht werden (§ 80 Abs. 5 VwGO und § 123 VwGO). Terminologisch handelt es sich dann nicht mehr um eine Klage, sondern um einen gerichtlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Ordnung. Welche Art von Eilantrag geltend zu machen ist, hängt davon ab, welche Antragsart in der Hauptsache statthaft wäre (also Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, s.o.). Wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage (also die Aufhebung eines Bescheids) statthaft wäre, dann muss ein Antrag nach § 80 Abs. 5 AufenthG gestellt werden. Da dies ein eigenes Thema ist, empfehlen wir hierzu die Lektüre unseres Fachbeitrags zum Thema “Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung”.
Wenn in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage statthaft wäre (z.B. Verpflichtung zur Erteilung eines Visums), dann ist im Eilverfahren ein Antrag auf Regelungsanordnung gemäß § 123 VwGO zu stellen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für ein Visum gemäß § 123 VwGO lautet wie folgt:
“Hiermit beantrage ich, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kläger schnellstmöglich aber spätestens bis zum [Datum bis zu dem das Visum benötigt wird] ein Visum zu erteilen.”
Sie sollten allerdings beachten, dass es für den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung einen guten Grund geben muss. Weitere Details dazu, wann eine einstweilige Anordnung möglich ist und wann nicht, finden Sie in unserem Guide zum Thema Notfälle und eilige Verfahren.
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5. FAQ Formulierungshilfe Antrag Visumsklage
Muss ich bei der Visumsklage einen förmlichen Antrag stellen?
Nein, nach § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO „soll“ die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Das bedeutet, dass ein Antrag rechtlich nicht zwingend erforderlich ist. Allerdings ist es aus praktischer Sicht ratsam, von Anfang an einen klaren Antrag zu formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden und die gerichtliche Entscheidung zu erleichtern.
Welche Antragsformulierung ist bei einer Anfechtungsklage gegen eine Visumsablehnung richtig?
Bei einer reinen Anfechtungsklage lautet der Antrag:
„Hiermit beantrage ich, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom [Datum] ([Aktenzeichen]) aufzuheben.“
Wann sollte ich einen Kombinationsantrag aus Anfechtungs- und Verpflichtungsklage stellen?
Ein Kombinationsantrag ist sinnvoll, wenn Sie nicht nur die Aufhebung des Ablehnungsbescheids erreichen, sondern auch eine Verpflichtung zur Visumerteilung beantragen wollen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Verpflichtungsklage und einer Untätigkeitsklage?
Die Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) richtet sich gegen das Ausbleiben einer behördlichen Entscheidung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist. Die Verpflichtungsklage hingegen richtet sich auf eine inhaltliche Entscheidung der Behörde. Bei Untätigkeitsklagen wird oft eine Kombination aus Bescheidungs- und Verpflichtungsantrag gestellt.
6. Fazit Formulierungshilfe Antrag Visumsklage
Die präzise Formulierung von Klageanträgen im Visumsrecht ist nicht nur eine Frage der juristischen Technik, sondern auch von strategischer Bedeutung. Auch wenn die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine gewisse Flexibilität bei der Antragstellung zulässt, empfiehlt es sich in der Praxis, dem Gericht bereits mit Klageerhebung einen klaren und strukturierten Antrag vorzulegen. Dies erhöht die Chancen auf eine zügige und inhaltlich fundierte gerichtliche Entscheidung. Besonders bei der Wahl zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sowie bei Eilanträgen ist eine differenzierte Antragsformulierung entscheidend, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Für komplexere Fallkonstellationen oder individuelle Besonderheiten ist jedoch immer eine Einzelfallprüfung erforderlich – idealerweise unter anwaltlicher Beratung.
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Quellenverzeichnis
[1] Friedrich Schoch/Jens-Peter Schneider in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO
