Einbürgerung mit Hürden: Lähmende Bürokratie in der Bremer Ausländerbehörde
- Gastautor
- 16. Nov.
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In Bremen, dem Bundesland, das aus den Städten Bremen und Bremerhaven besteht, sind lange Wartezeiten bei den Behörden allgemein seit langer Zeit ein Thema, das bei vielen Menschen für Unmut sorgt. Das Migrationsamt ist davon nicht ausgenommen. Schon seit geraumer Zeit ist es für seine langen Bearbeitungszeiten und zähen Einbürgerungsprozesse bekannt und wiederholt Gegenstand politischer Debatten.
Öffentliche Stimmen zur Einbürgerung in Bremen kritisch
Diese drehen sich hauptsächlich um ebenjene langen Bearbeitungszeiten. Antragsteller*innen müssen häufig jahrelang auf eine Antwort des Migrationsamts warten, was zu einer erheblichen Belastung für die Betroffenen führt. Das zeigt sich auch in diversen Google-Bewertungen, die man in dem Eintrag der Behörde nachlesen kann. Dort berichten Menschen, dass sie das Amt teilweise monatelang nicht erreichen konnten, weder telefonisch noch per E-Mail. Neben einigen positiven Bewertungen, die sich jedoch hauptsächlich auf einzelne Mitarbeiter*innen und nicht auf das Amt als Ganzes beziehen, wird dort ein negatives Bild der Behörde gezeichnet.
Auch auf der Plattform Reddit schildern Menschen negative Erfahrungen mit dem Einbürgerungsprozess in Bremen: Sie hätten teilweise mehrere Jahre auf die Bearbeitung ihrer Anträge gewartet. So groß sei der Rückstand. Mitunter wird dort geraten, den Antrag auf Einbürgerung besser in angrenzenden niedersächsischen Landkreisen zu stellen, beispielsweise in Diepholz. Die langen Wartezeiten sind jedoch kein rein Bremisches Problem. Bis sich die Behörden entschieden haben und Anträge bearbeiten, dauert es bekannterweise in vielen deutschen Städten und Kreisen – auch im umliegenden Niedersachsen – lange, wie der regionalen Berichterstattung zu entnehmen ist. In Bremen werden aber, verglichen mit anderen Städten, viele Einbürgerungsanträge gestellt. Laut einer Erhebung des Mediendienstes Integration waren es im Jahr 2024 11.300 und damit fast doppelt so viele wie im Vorjahr (5.749). Nach Berlin, München und Hamburg liegt Bremen auf dem vierten Platz der gestellten Anträge.
Offizielle Angaben zur Einbürgerung in Bremen
Auf einer offiziellen Seite der Bremer Behörde steht zunächst: „Erfreulicherweise entscheiden sich immer mehr ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger ihre Einbürgerung in die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen.“ Das sei aber auch der Grund für die längere Bearbeitungsdauer“. Momentan (Stand: Oktober 2025) würden Anträge aus dem ersten Quartal 2023 abschließend bearbeitet. Der Rückstand ist also hoch. Um den langsam mahlenden Mühlen der Bremischen Bürokratie Stand zu halten, empfiehlt es sich, Geduld und zeitlichen Puffer mitzubringen. Der Antrag sollte so frühzeitig wie möglich gestellt werden und möglichst direkt alle notwendigen Dokumente enthalten, damit der Prozess nicht pausiert werden muss. Bei Beratungsbedarf können Stellen wie der Bremer Rat für Integration kontaktiert werden, der Menschen in Bremen bei der Einbürgerung unterstützt.
Untätigkeitsklage Einbürgerung Bremen
Wenn nach Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Monaten (§ 75 VwGO) für die Verfahrensdauer keine Antwort oder kein Anzeichen für die Antragsbearbeitung seitens des Amts in Sicht ist, kann eine Untätigkeitsklage erwogen werden. Dies haben in der Vergangenheit bereits zahlreiche Menschen getan, wie buten un binnen schreibt. Es geht auch aus dem Jahresbericht des Bremer Landesrechnungshofs für das Jahr 2024 hervor: Allein 2023 kam es in insgesamt 182 Einbürgerungsverfahren zu Untätigkeitsklagen, bei denen das Migrationsamt die Kosten überwiegend tragen musste - wegen fehlender sachlich begründeter Bearbeitungsdauer.
Der Landesrechnungshof fällt in dem Bericht insgesamt ein hartes Urteil für das Bremer Migrationsamt: Trotz einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von fast zwei Jahren und etwa 6.300 unbearbeiteter Anträge (Stand: Februar 2024; inzwischen ist die Zahl vermutlich höher) habe es die Ursachen für die Rückstände nicht angemessen untersucht. „Dem Migrationsamt gelang es in den letzten Jahren nicht, über Einbürgerungsanträge in angemessener Zeit zu entscheiden“, heißt es. Das Ressort und Migrationsamt sei aufgefordert worden, die Ursachen für die geringe Erledigungsquote zu ermitteln und den erforderlichen Personalbedarf zu berechnen. Rückstände sollten abgebaut und Neuanträge in angemessener Frist erledigt werden. Auch, um weitere Untätigkeitsklagen zu vermeiden. Diese belasten nicht nur den Haushalt. Bei Antragstellenden könne zudem der Eindruck entstehen, die Einbürgerung sei nur mit anwaltlicher Hilfe zu erreichen, heißt es.
Ein logischer Schluss. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht erscheint folgerichtig, wenn das Amt den Einbürgerungsantrag weit über die Frist hinaus zu ignorieren scheint. Aus der juristischen Praxis wird aber berichtet, dass auch Untätigkeitsklagen kein Garant für einen schnelleren Prozess in Bremen sind und teilweise mehrere Monate oder Jahre auch darauf keine Rückmeldung erfolgt. Auf Reddit empfehlen Betroffene, mindestens ein Jahr zu warten, bevor man eine Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht einreicht, da es sich vorher „nicht lohne“.
Die Vielzahl der Untätigkeitsklagen sowie Aufforderungen des Rechnungshofs haben bisher aber scheinbar noch kaum Früchte getragen. Genau so wenig wie öffentliche Kritik von Politiker*innen verschiedener Parteien, die seit Jahren eine bessere Ausstattung und mehr Personal im Migrationsamt für eine schnellere Bearbeitung fordern. Der Veränderungsprozess ist langsam. Auch, weil Bremen chronisch das Geld fehlt. Hoffnung kann womöglich der Wechsel der Führung des Bremer Innenressorts geben, dem das Migrationsamt unterstellt ist: Ende des Jahres wird Ulrich Mäurer als Innensenator voraussichtlich von Eva Högl abgelöst werden. Vielleicht krempelt sie die Situation zum Positiven hin um. Dies bleibt aber abzuwarten und ist verhaltene Spekulation.
Trotz der schwierigen bürokratischen Situation werden in Bremen viele Menschen eingebürgert. 2023 war die Einbürgerungsquote dort laut aktuellem Integrationsmonitoring von allen Bundesländern mit drei Prozent am höchsten. Die Zahlen zeigten auch, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte in Bremen sehr zugehörig fühlen (86%). Bremen liegt dabei gleichauf mit dem Land Hessen. Nur Niedersachsen liegt einen Prozentpunkt höher. Das Monitoring zeigte außerdem, dass die Erwerbstätigenquote von Menschen mit Migrationshintergrund zwischen 2021 und 2023 deutlich gestiegen ist – also ein positiver Trend.
Fazit zu Einbürgerungen in Bremen
Die Situation im Bremer Migrationsamt verdeutlicht, wie stark bürokratische Engpässe den Einbürgerungsprozess belasten können. Trotz der hohen Nachfrage und einer im Bundesvergleich überdurchschnittlichen Einbürgerungsquote kämpft die Behörde mit massiven Rückständen, langen Wartezeiten und unzureichender Personalstruktur. Untätigkeitsklagen und politische Kritik zeigen bislang wenig Wirkung, sodass Antragstellende weiterhin viel Geduld aufbringen müssen.
Gleichzeitig lässt sich erkennen, dass Bremen ein attraktiver Standort für Menschen mit Migrationsgeschichte bleibt. Die hohe Einbürgerungsquote und das starke Zugehörigkeitsgefühl der Betroffenen sprechen für eine grundsätzlich gelungene Integrationspolitik – auch wenn die Verwaltungspraxis diesem positiven Trend derzeit noch hinterherhinkt.



