Chancenkarte für Deutschland aus USA
- Mirko Vorreuter, LL.B.
- 29. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Immer mehr gut ausgebildete US-Amerikaner und amerikanische Expats interessieren sich für ein Leben und eine Karriere in Deutschland. Ob aus beruflichen Gründen, familiären Verbindungen oder schlicht dem Wunsch, Europa aus einer neuen Perspektive zu erleben – Deutschland übt eine starke Anziehungskraft aus. Gleichzeitig ist der deutsche Arbeitsmarkt auf qualifizierte Zuwanderung angewiesen: Der Fachkräftemangel betrifft mittlerweile nahezu alle Branchen, von IT über Ingenieurwesen bis hin zur Pflege und dem Handwerk. Um diesem Engpass zu begegnen, hat der deutsche Gesetzgeber die sogenannte Chancenkarte eingeführt – ein innovatives Einwanderungsinstrument, das gerade für US-Staatsangehörige neue Perspektiven eröffnet.
Was ist die Chancenkarte und warum ist sie für US-Amerikaner interessant?
Die Chancenkarte ist ein Aufenthaltstitel, der speziell darauf ausgelegt ist, qualifizierten Drittstaatsangehörigen – also auch US-Amerikanern – die Jobsuche in Deutschland zu erleichtern. Im Gegensatz zu klassischen Arbeitsvisa ist für die Beantragung kein konkreter Arbeitsvertrag erforderlich. Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann mit der Chancenkarte nach Deutschland kommen und sich vor Ort eine geeignete Stelle suchen. Gleichzeitig erlaubt die Chancenkarte eine Teilzeitbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche sowie Probearbeiten in verschiedenen Unternehmen. Dies schafft nicht nur Flexibilität, sondern bietet auch die Möglichkeit, in kurzer Zeit berufliche Kontakte aufzubauen.
Die Chancenkarte ersetzt in vielen Fällen das bisher genutzte Jobseeker-Visum. Während Letzteres nach der jüngsten Gesetzesreform nur noch mit einem in Deutschland erworbenen Abschluss beantragt werden kann, ist die Chancenkarte deutlich breiter aufgestellt. Auch mit ausländischen Abschlüssen oder durch ein Punktesystem können die Zugangsvoraussetzungen erfüllt werden – ein entscheidender Vorteil für US-Amerikaner mit qualifizierter Ausbildung.
USA: Voraussetzungen und Herausforderungen Chancenkarte
Trotz ihrer Vorteile stellt die Chancenkarte Antragsteller vor bestimmte Hürden. Die wichtigste Voraussetzung ist entweder ein in Deutschland anerkannter Abschluss (Chancenkarte für Fachkräfte oder das Erreichen einer ausreichenden Punktzahl im offiziellen Punktesystem (Punktechancenkarte). Anerkannte Abschlüsse können über die Datenbank anabin überprüft werden – eine Plattform, auf der das deutsche Bildungssystem festlegt, welche ausländischen Qualifikationen als gleichwertig gelten.
Ist der Abschluss nicht anerkannt, bietet das Punktesystem eine alternative Zugangsmöglichkeit. Punkte gibt es unter anderem für folgende Kriterien:
Ausbildungs- oder Studienabschlüsse (auch nicht anerkannte)
Berufserfahrung
Sprachkenntnisse (Deutsch und Englisch)
Alter (jüngere Bewerber haben Vorteile)
Voraufenthalte in Deutschland
Ehepartner mit Qualifikationen
Gerade bei den Sprachkenntnissen haben US-Amerikaner einen strukturellen Vorteil: Da Englisch ihre Muttersprache ist, erhalten sie ohne zusätzlichen Aufwand Punkte in dieser Kategorie. Dennoch kann sich das Erlernen von Deutsch – zumindest auf A1- oder B1-Niveau – ebenfalls positiv auf die Punktzahl auswirken und sollte nicht vernachlässigt werden.
Die größte Hürde für viele US-Amerikaner mit der Chancenkarte ist allerdings die Sicherung des Lebensunterhalts. Wer eine Chancenkarte beantragen möchte, muss nachweisen, dass er oder sie ohne Unterstützung des deutschen Staates in der Lage ist, den Aufenthalt zu finanzieren. Dies ist besonders anspruchsvoll, wenn noch kein Arbeitsvertrag vorliegt. In solchen Fällen muss die Finanzierung durch einen sogenannten Blocked Account (ein Sperrkonto mit monatlicher Freigabe eines bestimmten Betrags) oder durch regelmäßige internationale Überweisungen nachgewiesen werden.
So läuft das Antragsverfahren für die Chancenkarte aus den USA ab
Der Antrag auf die Chancenkarte kann aus den USA heraus bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung gestellt werden. Dabei müssen alle erforderlichen Unterlagen eingereicht werden, z.B. ein Nachweis über den anerkannten Abschluss, ein Nachweis über gesicherten Lebensunterhalt und ein gültiger Reisepass sowie eine Krankenversicherung. Bei manchen Botschaften ist auch ein Motivationsschreiben und ein Lebenslauf erforderlich.
Die Bearbeitungsdauer kann mehrere Wochen betragen. Daher sollten Antragsteller frühzeitig mit der Vorbereitung beginnen. Wer bereits in Deutschland lebt – etwa mit einem anderen Aufenthaltstitel – kann in bestimmten Fällen auch direkt bei der Ausländerbehörde vor Ort den Wechsel in die Chancenkarte beantragen. VISAGUARD empfiehlt, vor Antragstellung eine individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Denn nicht jeder US-amerikanische Abschluss ist automatisch anerkannt, und kleine formale Fehler im Antrag können zu erheblichen Verzögerungen führen.
Fazit zur Chancenkarte für US-Amerikaner
Für US-Amerikaner bietet die Chancenkarte eine realistische und vergleichsweise flexible Möglichkeit, nach Deutschland zu migrieren – auch ohne direkten Arbeitsvertrag. Die Vereinfachung gegenüber früheren Regelungen macht sie zu einem attraktiven Instrument für qualifizierte Zuwanderung aus den USA. Gleichzeitig verlangt das Verfahren eine sorgfältige Vorbereitung, insbesondere im Hinblick auf die Anerkennung von Abschlüssen, das Punktesystem und den Nachweis der finanziellen Eigenständigkeit. Wer die Voraussetzungen erfüllt und strategisch vorgeht, hat mit der Chancenkarte eine gute Basis, um beruflich und privat in Deutschland Fuß zu fassen. VISAGUARD unterstützt dabei mit rechtlicher Expertise und individueller Beratung – damit der Start in Deutschland gelingt.
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Quellen:
[1] Bergmann / Dienelt, Ausländerrecht, 15. Auflage 2025, § 20a
[2] BeckOK AuslR/Klaus, 44. Ed. 1.4.2025, BeschV § 26 Rn. 1-46
[3] Holger Kolb, Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit: Die Lebensunterhaltssicherung im Bereich der Chancenkarte (§ 20a Abs. 4 S. 1 AufenthG) bleibt eine Herausforderung, SVR-Kurzinformation 2025-1