Untätigkeitsklage Bremen: VG Bremen bestätigt strukturelles Defizit bei Einbürgerungen
- Mirko Vorreuter, LL.B.

- 20. Sept.
- 2 Min. Lesezeit

Die Einbürgerungsverfahren in Deutschland sind extrem langsam. Besonders nach Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetzes (StARMoG) am 27. Juni 2024 verzeichnen die Behörden eine starke Zunahme an Anträgen. Viele Verwaltungsgerichte haben diesbezüglich bereits entschieden, dass eine Überlastung der Einbürgerungsbehörden keine pauschale Entschuldigung für Untätigkeit sein kann (siehe hierzu unsere Rechtsprechungsdatenbank). Mit einer bemerkenswert klaren Begründung hat nun auch das VG Bremen den Einwand einer Staatsangehörigkeitsbehörde zurückgewiesen, sie könne wegen einer „vorübergehenden Antragsflut“ nicht rechtzeitig über Einbürgerungsanträge entscheiden.
Strukturelles Defizit statt kurzfristiger Ausnahmezustand
Das VG Bremen argumentiert präzise: Eine Überlastung, die länger andauert und nicht mit organisatorischen Maßnahmen wie zusätzlichem Personal oder effizienteren Prozessen beantwortet wird, begründet ein strukturelles Defizit. Und ein solches Defizit schließt die Berufung auf § 75 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aus, die Behörden eigentlich vor einer Untätigkeitsklage schützen könnte.
Besonders bemerkenswert: Das Gericht betont, dass die steigenden Einbürgerungszahlen absehbar waren. Bereits die hohe Zahl an Asylanträgen in den Jahren 2015 und 2016 hätte klar signalisiert, dass Jahre später viele dieser Personen die Einbürgerung beantragen würden. Auch die durch das StARMoG erleichterten Voraussetzungen – kürzere Aufenthaltszeiten und der Wegfall der Pflicht zur Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit – hätten die Behörden nicht überraschen dürfen.
Klarer Auftrag an Behörden und Ministerien
Die Botschaft des VG Bremen ist eindeutig: Behörden müssen proaktiv handeln. Wenn Antragszahlen kontinuierlich steigen, sind es die Ministerien und die Behördenleitungen, die für mehr Personal und bessere Strukturen sorgen müssen. Ein einfaches Verweisen auf „Überlastung“ genügt nicht, um jahrelange Verzögerungen zu rechtfertigen.
Für Antragsteller bedeutet diese Entscheidung Rückenwind: Wer monatelang ohne Rückmeldung auf seinen Einbürgerungsantrag wartet, kann sich auf die Rechtsprechung des VG Bremen berufen, um mit einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO Druck aufzubauen.
Fazit für Einbürgerungsbewerber und Fachanwälte
Für Betroffene ist dieses Urteil ein wichtiger Hinweis, dass langwierige Verzögerungen bei der Bearbeitung nicht einfach hinzunehmen sind. Fachanwälte für Migrationsrecht können die Argumentation des VG Bremen gezielt nutzen, um Verfahren zu beschleunigen. Mit Blick auf den Rechtsstaat setzt das Urteil ein deutliches Signal: Effizienz, vorausschauende Planung und personelle Ausstattung sind keine Kann-Bestimmungen, sondern notwendige Voraussetzungen für eine faire und zeitgerechte Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen.



