Work-and-Stay Agentur: BMAS plant mehr Arbeitgeberrechte und stärke Einbindung von Relocation-Firmen
- Isabelle Manoli

- 16. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Mit der Veröffentlichung des offiziellen Eckpunktepapiers zur „Work and Stay“-Agentur (WSA) hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die nächste Phase der Fachkräfteeinwanderung eingeleitet. Ziel der geplanten Agentur ist es, Verfahren der Erwerbsmigration zu vereinfachen, zentrale Zuständigkeiten zu bündeln und Arbeitgeber bei der Anwerbung und Integration internationaler Fachkräfte besser zu unterstützen. Doch das Papier zeigt auch: Die Bundesregierung plant eine deutliche Ausweitung der Rolle von Arbeitgebern – und erstmals eine Einbindung privater Agenturen („Relocator“) in aufenthaltsrechtliche Verfahren.
Arbeitgeber sollen stärker in Visa- und Aufenthaltsverfahren eingebunden werden
Nach dem Willen des BMAS sollen Arbeitgeber künftig eine aktivere Rolle im Antrags- und Genehmigungsprozess übernehmen. Im Eckpunktepapier heißt es:
„Die Arbeitgeberbeteiligung im Erwerbsmigrationsverfahren werden wir ausbauen. Arbeitgeber in Deutschland bekommen z. B. über Befugnisse im Antragsverfahren eine größere Rolle in der Titelbeantragung. Wir prüfen, ob wir einen eigenen Antragsweg für Arbeitgeber und bevollmächtigte Dritte schaffen. Auch wollen wir ermöglichen, dass Arbeitgeber und bevollmächtigte Dritte beschäftigungsbezogene Informationen über eigene Zugänge zum Antragsverfahren in das Verfahren einspeisen können.“
Damit kündigt die Bundesregierung einen eigenen digitalen Antragsweg für Arbeitgeber und bevollmächtigte Dritte an. Unternehmen könnten künftig also nicht mehr nur unterstützende Unterlagen beibringen, sondern direkt auf Teile des Aufenthaltsverfahrens zugreifen. Dies war von Arbeitgebern und Arbeitgebervertretern (insbesondere von Anwälten im Bereich Corporate Immigration) immer wieder gefordert worden. Diese Neuerung könnte in der Praxis zu einer besseren Abstimmung zwischen Arbeitgebern, Behörden und Fachkräften führen und so das Verfahren verschlanken.
Relocator und Vermittlungsagenturen sollen „besser eingebunden“ werden
Brisant ist allerdings eine weitere Passage des Eckpunktepapiers. Dort heißt es:
„Darüber hinaus streben wir an, sonstige Dritte mit berechtigtem Interesse wie Agenturen, die bestimmte Qualitätsstandards erfüllen, besser in diese Prozesse einzubinden.“
Damit soll erstmals eine institutionelle Rolle für private Relocator, Vermittlungs- oder Beratungsagenturen geschaffen werden – also Akteure, die bislang nur informell oder im Auftrag von Arbeitgebern tätig waren. Künftig könnten solche Agenturen eigene Zugänge zu Antragsportalen erhalten, um beschäftigungsrelevante Daten einzureichen oder Verfahrensschritte zu begleiten. Dies wird gemeinhin durchaus kritisch gesehen, da es bisher die herrschende Meinung ist, dass hierfür eigentlich eine Rechtsdienstleistungslizenz nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) erforderlich ist. Die vorherige Regierung hatte deshalb die Befugnisse von Relocation-Agents und Immigration-Consultants sogar beschränkt.
Welche „Qualitätsstandards“ diese Agenturen erfüllen müssen, bleibt offen. Das Eckpunktepapier nennt weder inhaltliche noch rechtliche Anforderungen an die Befähigung zur Mitwirkung in aufenthaltsrechtlichen Verfahren. Dies wirft rechtliche Fragen auf: Wer darf künftig im Namen einer Fachkraft oder eines Unternehmens handeln? Und inwieweit sind diese Tätigkeiten mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz vereinbar, das rechtliche Beratung grundsätzlich zugelassenen Juristen vorbehält? Wird die Bundesregierung das RDG im Zuge der Einrichtung der "Work-and-Stay Agentur" anpassen?
Die Idee, Arbeitgebern und Relocator-Agenturen mehr Verantwortung zu übertragen, zielt offensichtlich auf eine Entlastung der Auslandsvertretungen und Behörden ab. Durch parallele digitale Zugänge könnten Anträge beschleunigt, Wartezeiten verkürzt und Kommunikationswege verkürzt werden. Gleichzeitig entsteht aber ein neuer Graubereich: Wenn private Agenturen Zugang zu sensiblen Verfahrensdaten erhalten, ohne einer klaren rechtlichen Kontrolle zu unterliegen, besteht das Risiko, dass rechtsstaatliche Standards verwässert werden. Zudem könnte sich eine neue Zwischenebene bilden, in der wirtschaftliche Interessen stärker ins Gewicht fallen als rechtliche Sorgfalt.
Fazit: Chancen ja – aber klare rechtliche Leitplanken nötig
Das Eckpunktepapier zur „Work and Stay“-Agentur ist ein deutliches Signal: Die Bundesregierung will Erwerbsmigration praxisnäher, digitaler und arbeitgeberfreundlicher gestalten. Das ist grundsätzlich zu begrüßen – insbesondere vor dem Hintergrund des anhaltenden Fachkräftemangels. Ob das allerdings die bestehende Kritik von Experten an der Work-and-Stay Agentur reduziert, bleibt fraglich. Effizienzgewinne dürfen nicht auf Kosten rechtlicher Klarheit gehen. Wenn Arbeitgeber und private Relocator künftig tiefer in aufenthaltsrechtliche Verfahren eingebunden werden, braucht es klare Regeln zur Abgrenzung rechtlicher Zuständigkeiten, transparente Qualitätsstandards und wirksame Aufsicht. Die „Work and Stay“-Agentur kann ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der Fachkräfteeinwanderung sein – wenn sie Transparenz und Rechtssicherheit wahrt.
📘 Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Eckpunktepapier zur Work and Stay Agentur, abrufbar hier



