Evaluation Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Zahl der eingewanderten Fachkräfte bricht deutlich ein
- VISAGUARD Sekretariat

- vor 7 Stunden
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Deutschland befindet sich in einem internationalen Wettbewerb um Talente – und verliert. Das zeigen nicht nur die aktuellen Zahlen des Innenministeriums, sondern auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur Evaluation des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Die Daten offenbaren einen ernüchternden Trend: Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz bleibt weit hinter den eigenen migrationspolitischen Zielen zurück. Besonders der geregelte Zuzug von Fachkräften stagniert oder geht zurück. Das überrascht wenig, denn die Regierung betreibt eine migrationspolitische Kommunikation, die darauf angelegt scheint, potenzielle Fachkräfte eher abzuschrecken als anzuziehen.
Aus der Perspektive eines auf Arbeits- und Fachkräfteeinwanderung spezialisierten Rechtsanwalts zeigt sich deutlich: Die gesetzlichen Reformen entfalten kaum Wirkung, weil sie politisch nicht wirklich gewollt zu sein scheinen. Wer einerseits Zuwanderung als notwendig bezeichnet, aber andererseits hunderte Stellen beim Auswärtigen Amt streicht, darf sich über niedrige Visazahlen nicht wundern.
Rückgang der Zahlen für die Blaue Karte
Die Blaue Karte EU gemäß § 18g AufenthG ist das zentrale Instrument für hochqualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten und deshalb ein wichtiger Indikator für akademische Fachkräfteeinwanderung. Umso alarmierender sind die Zahlen. Während Anfang 2024 noch monatlich rund 1.300 nationale Visa für die Blaue Karte erteilt wurden, hat sich diese Zahl seit August 2025 mehr als halbiert. Im November 2025 liegt der Wert nur noch bei 517 Visa – ein drastischer Einbruch. Über zwei Jahre betrachtet pendelt sich der Durchschnitt bei rund 1.000 Visa pro Monat ein. Die jüngsten Werte unterschreiten diesen Durchschnitt jedoch erheblich.
Damit sendet Deutschland ein verheerendes Signal: Gerade in einer Zeit, in der über Fachkräftemangel geklagt wird, schafft es die Bundesregierung nicht, den für Unternehmen Zuzugskanal stabil zu halten. Dass die Merz-Regierung gleichzeitig öffentlich betont, man wolle „Menschen aus aller Herren Länder“ gewinnen, wirkt vor diesem Hintergrund beinahe zynisch.
Ineffektive Reformen: Anerkennungspartnerschaft und Erfahrungssäule
Mit der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes 2023 wurden erstmals echte neue Zugangswege geschaffen. Die sogenannte Anerkennungspartnerschaft (§ 16d Abs. 3 AufenthG) und die Erfahrungssäule (§ 19c Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 6 BeschV) sollten den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt erheblich erleichtern. Gerade für Personen, deren formale Anerkennung im Ausland schwierig oder langwierig ist, sollten diese Wege neue Möglichkeiten eröffnen. Die Realität sieht allerdings anders aus.
Für die Anerkennungspartnerschaft wurden seit März 2024 insgesamt nur knapp über 1.100 Visa erteilt. Das ist für ein Instrument, das eine strukturelle Entlastung schaffen sollte, eine verschwindend geringe Zahl. Ähnlich enttäuschend ist die Erfahrungssäule: 838 Visa in fast zwei Jahren – das entspricht durchschnittlich rund 40 Visa pro Monat. Damit liegt man im statistischen Nebel, weit entfernt von einer nennenswerten arbeitsmarktpolitischen Relevanz.
Die Chancenkarte: Aufmerksamkeit ja, Wirkung nein
Die Chancenkarte war das Prestigeprojekt der vorherigen Ampel-Koalition – ein modernes Punktesystem, das den Zugang zur deutschen Arbeitswelt erleichtern sollte. Tatsächlich erzeugte die Einführung weltweit beachtliche mediale Aufmerksamkeit. Doch die Zahlen zeigen: Der große Effekt bleibt bisher aus. Zwischen Juni 2024 und November 2025 wurden 17.489 Visa erteilt. Das klingt zunächst solide, liegt aber klar unter den Erwartungen. Die Ampel hatte mit rund 30.000 Chancenkarten pro Jahr gerechnet. Diese Größenordnung wird unter der neuen Bundesregierung nicht ansatzweise erreicht.
Die mangelnde Bewerbung des Instruments und die migrationspolitische Grundhaltung der Merz-Regierung tun ihr Übriges. In der Antwort des Innenministeriums heißt es zwar, das digitale Verfahren funktioniere gut und entlaste die Auslandsvertretungen. Aber auch perfekte Digitalisierung bringt wenig, wenn das politische Signal lautet: „Zuwanderung nur im Ausnahmefall.“ Selbst vor Gericht argumentiert das Auswärtige Amt teilweise, dass das Thema momentan keine Priorität innerhalb der Regierung hat.
Fazit: Fachkräfteeinwanderung bleibt politische Illusion
Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz verfehlt ihre migrationspolitischen Ziele deutlich – und das ist keine Überraschung. Die Zahlen zeigen unmissverständlich: Solange die politische Linie auf Protektionismus statt auf Attraktivität setzt, wird Deutschland im globalen Wettbewerb um Fachkräfte weiter zurückfallen. Während Länder wie Kanada oder Australien offensiv um Fachkräfte werben, vermittelt Deutschland aktuell das Gegenteil. Im Ergebnis entsteht ein Klima, das hochqualifizierten Menschen deutlich macht: Ihr Aufenthalt ist politisch nicht selbstverständlich erwünscht.



