Visumklage Berlin: Afghanischer Richter gewinnt Verfassungsbeschwerde gegen Auswärtiges Amt
- VISAGUARD Sekretariat

- vor 7 Tagen
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Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 4. Dezember 2025 (2 BvR 1511/25) ein deutliches Signal für Betroffene von verzögerten Visaentscheidungen gesetzt. Im Zentrum stand die Verfassungsbeschwerde eines afghanischen Richters, seiner Ehefrau und ihrer vier Kinder, deren Visaanträge seit Jahren unbearbeitet blieben. Das Gericht verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung, die Anträge umgehend zu bescheiden und hob damit die bisherige Blockade der Visaverfahren auf. Dass das Gericht einer Verfassungsbeschwerde gegen das Auswärtige Amt in einem solchen Fall teilweise stattgegeben hat, ist bemerkenswert – Verfassungsbeschwerden gegen Behörden des Auswärtigen Amtes werden selten inhaltlich entschieden und stellen daher eine besondere rechtliche Ausnahme dar.
Dringlichkeit und Rechtsschutz im Visumverfahren
Die Beschwerdeführenden waren im Rahmen des Programms „Überbrückungsliste“ nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aufgenommen worden, das die vorübergehende Aufnahme besonders schutzbedürftiger Personen regelt. Obwohl das Bundesinnenministerium die Aufnahme erklärte, hatten die Behörden die Visa bislang nicht erteilt. Das Oberverwaltungsgericht hatte zuvor den Antrag auf Verpflichtung zur Visaerteilung abgelehnt. Das Bundesverfassungsgericht stellte nun klar: Auch wenn die Aufnahmeprogramme politisch ausgesetzt sind, besteht für Antragsteller ein individueller Anspruch auf Bescheidung der Visaanträge. Verzögerungen ohne sachlichen Grund verletzen das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz.
Erneute Niederlage der Bundesregierung vor Gericht
Mit dem aktuellen Beschluss muss die Bundesregierung erneut eine juristische Schlappe in ihrer restriktiven Migrationspolitik hinnehmen. Bereits in der Vergangenheit wurden Schengen-Grenzkontrollen sowie die Zurückweisung von Ausländern an den Grenzen durch Gerichte für rechtswidrig erklärt. Der Fall zeigt einmal mehr, dass die momentane Regierung bei ihrer restriktiven Haltung gegenüber Migration geltendes Recht regelmäßig außer Acht lässt. Es zeichnet sich ab, dass unter der derzeitigen politischen Konstellation kaum damit zu rechnen ist, dass sich diese Praxis ändern wird. Für Betroffene und Anwälte bleibt daher die gerichtliche Durchsetzung von Rechten ein unverzichtbares Instrument, um Verwaltungshandeln im Migrationsbereich zu überprüfen und gesetzliche Vorgaben durchzusetzen.
Visumklagen als Instrument für Rechtsschutz
Aus anwaltlicher Perspektive verdeutlicht der Fall, wie wirksam eine Visumklage sein kann, um unzulängliche oder verzögerte Verfahren zu beschleunigen. Wenn Antragsteller durch langwierige Verwaltungsverfahren oder politisch bedingte Aussetzungen faktisch blockiert werden, eröffnet die Möglichkeit einer gerichtlichen Durchsetzung von Bescheidungsansprüchen einen konkreten Weg, ihre Rechte zu sichern. Der aktuelle Beschluss zeigt, dass selbst in besonders komplexen Einzelfällen ein gerichtlicher Anspruch auf zügige Bearbeitung besteht. Für Betroffene und ihre Anwälte ist dies eine wegweisende Entscheidung: Sie macht deutlich, dass die Justiz auch bei politisch sensiblen Aufnahmeprogrammen einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet. Wer in einer ähnlichen Situation steckt, kann auf Basis des Urteils prüfen, ob eine Visumklage Aussicht auf Erfolg hat, um den Bearbeitungsstillstand zu beenden.
Fazit
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht die Bedeutung des Rechtswegs bei verzögerten Visaentscheidungen. Für Anwälte und Rechtsschutzsuchende im Bereich Migration ist dies ein praxisrelevantes Signal: Eine Visumklage kann nicht nur die individuellen Ansprüche der Antragsteller durchsetzen, sondern auch die Verwaltung zur Einhaltung gesetzlicher Fristen wie z.B. bei der Untätigkeitsklage verpflichten. Gerade in Situationen mit akuter Gefährdung wird die Dringlichkeit von schnellen Entscheidungen rechtlich anerkannt und gestützt (siehe dazu unseren Artikel zu Eilfällen). Dass dabei das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen das Auswärtige Amt teilweise erfolgreich entschieden hat, macht den Fall zu einer seltenen und richtungsweisenden Entscheidung im Bereich des Migrationsrechts.
Anmerkung: Das Bundesverfassungsgericht hat in dem genannten Fall lediglich die Behörde dazu verpflichtet, über den Antrag zu entscheiden (sogenannte Bescheidungsklage/Bescheidungsantrag). Das Gericht hat allerdings nicht dazu verpflichtet, das Visum auch tatsächlich zu erteilen.



