Visum schriftlich beantragen – so umgehen Sie monatelange Terminwartezeiten
- Mirko Vorreuter, LL.B.

- 17. Aug.
- 4 Min. Lesezeit

Wer ein Visum für Deutschland beantragen möchte, steht oft vor einem scheinbar unüberwindbaren Hindernis: der Terminvergabe bei den deutschen Auslandsvertretungen. In vielen Ländern sind Visa-Termine Mangelware – und teilweise auf Monate oder sogar Jahre im Voraus ausgebucht. Die Botschaften erklären dazu regelmäßig, dass ein persönlicher Termin zwingend notwendig sei, um die Fingerabdrücke und biometrischen Daten der Antragstellenden aufzunehmen und das aufgrund von Überlastung leider kein Termin verfügbar wäre. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich ist es rechtlich möglich, ein Visum auch schriftlich zu beantragen – und genau das kann in vielen Fällen der schnellere und rechtlich sichere Weg sein.
Der rechtliche Rahmen: Visumantrag ohne Termin möglich
Nach deutschem Aufenthaltsrecht gibt es keine gesetzliche Vorschrift, die einen persönlichen Termin oder ein persönliches Erscheinen zwingend vorschreibt. Das Aufenthaltsgesetz selbst enthält keine Formvorgaben, wie ein Visum beantragt werden muss (siehe Rechtsprechung zu § 81 Abs. 1 AufenthG). Auch aus der Visumverordnung der EU ergibt sich nicht, dass eine persönliche Vorsprache zwingend erforderlich ist. Zwar wird die Abnahme biometrischer Daten wie Fingerabdrücke verlangt – aber auch hier gibt es Ausnahmen: Wenn z. B. bereits früher ein Visum mit biometrischen Daten beantragt und erteilt wurde, dürfen diese Daten weiterverwendet werden. Außerdem können biometrische Daten nachträglich oder in anderen Kontexten erfasst werden, zum Beispiel im Rahmen der späteren Einreise. Im Übrigen obliegt es der Mitwirkungspflichten der Botschaften, eine Abnahme der biometrischen Daten überhaupt zu ermöglichen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat sich in mehreren Urteilen mit der Praxis befasst, Visumanträge ausschließlich im persönlichen Termin zuzulassen (siehe z.B. VG Berlin, Urteil vom 22.11.2023, Az. 6 K 352/22 V und VG Berlin, Urteil vom 2. Dezember 2021 – VG 13 K 383/19 V – juris Rn. 19). Es hat dabei wiederholt festgestellt, dass diese Praxis rechtswidrig ist und einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens bzw. das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz darstellt. Denn wenn Botschaften sich weigern, schriftliche Visumanträge entgegenzunehmen, ohne eine echte Alternative zu bieten, machen sie es den Antragstellerinnen und Antragstellern faktisch unmöglich, ihr Recht auf Aufenthalt umzusetzen. Eine solche Gesetzesauslegung ist rechtswidrig, da das Gesetz nicht sagt, dass ein persönlicher Termin zur Visumbeantragung notwendig ist.
Schriftlich beantragen und handeln statt warten
Wer keinen Termin bekommt, sollte also nicht einfach weiter warten, sondern aktiv werden. Insbesondere sollten auch die Ausreden der Botschaften nicht als Anlass genommen werden, weiter zu warten. Die Botschaften verschicken über Monate oder Jahre hinweg Textbausteine, die immer wieder darauf verweisen, dass ein Termin notwendig, aber ein solcher nicht verfügbar sei. Das ist eine vorsätzliche und systematische Täuschung der Öffentlichkeit, die einen Verstoß gegen die Beratungsfunktion der Verwaltung und gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens darstellt.
Um gegen diese Blockadehaltung der Botschaften vorzugehen, gibt es einfache Möglichkeiten. Der erste Schritt besteht darin, den Visumantrag schriftlich bei der zuständigen Auslandsvertretung einzureichen. Dies kann per Post oder per E-Mail geschehen und sollte alle Unterlagen enthalten, die auch beim persönlichen Termin verlangt werden würden – möglichst in guter Qualität als Scan oder Kopie. Wichtig ist, dass im Schreiben deutlich gemacht wird, dass es sich um einen formellen Visumantrag handelt, und dass man auf die Möglichkeit der schriftlichen Antragstellung hinweist (z.B. wenn in der E-Mail steht “Hiermit beantrage ich schriftlich ein Visum zu Arbeitszwecken in Deutschland”). Dabei kann es hilfreich sein, sich auf die einschlägige Rechtsprechung zu berufen und die Antragstellung anwaltlich begleiten zu lassen.
Bleibt die Botschaft untätig, obwohl der Antrag vollständig per E-Mail oder Post eingereicht wurde, besteht nach Ablauf von drei Monaten die Möglichkeit, eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zu erheben. Diese Klage zwingt die Behörde, den Antrag endlich zu bescheiden. Auch wenn die Klage in Deutschland eingereicht wird, entfaltet sie Wirkung gegenüber der jeweiligen Botschaft im Ausland, da die Botschaften Teil des Auswärtigen Amts sind (siehe § 2 GAD). Die Erfahrung zeigt, dass viele Visumanträge, die vorher monatelang ignoriert wurden, nach Klageeinreichung plötzlich schnell bearbeitet werden.
Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, eine sogenannte Terminklage einzureichen, falls das Problem allein in der Nichtvergabe eines Termins liegt. Auch hier hat die Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass es unzulässig ist, Antragsteller:innen durch monatelanges Blockieren von Terminen faktisch vom Visumverfahren auszuschließen.
VISAGUARD-Tipp für Betroffene
Wenn Sie oder Ihre Angehörigen auf einen Termin bei der Botschaft warten, sollten Sie keine wertvolle Zeit verlieren. VISAGUARD empfiehlt: Stellen Sie den Visumantrag schriftlich, vollständig und dokumentiert. Bewahren Sie den E-Mail-Verkehr, Eingangsbestätigungen oder Empfangsquittungen gut auf. Wenn innerhalb von drei Monaten keine Entscheidung ergeht, können Sie mit anwaltlicher Unterstützung Klage einreichen und Ihr Verfahren deutlich beschleunigen.
Fazit: Schriftlicher Visumantrag, wenn kein Termin vorhanden ist
Entgegen der gängigen Praxis vieler Botschaften ist ein Visum nicht nur im persönlichen Termin, sondern auch schriftlich beantragbar. Die deutschen Gerichte geben hier den Antragstellenden recht und erkennen das wiederholte Festhalten an der Terminpflicht als verfassungswidrig an. Wer ewig auf einen Termin wartet, verschenkt wertvolle Zeit. Der schriftliche Antrag mit anschließender Untätigkeitsklage ist ein rechtlich zulässiger und effektiver Weg, um lange Wartezeiten zu umgehen. VISAGUARD steht Antragstellern mit rechtlicher Unterstützung zur Seite – für faire Verfahren und schnellere Entscheidungen.



